OTTO hatte in seinem Online-Shop ein T-Shirt für Mädchen (explizit!) mit der Aufschrift: „In Mathe bin ich Deko“. Dieser Spruch mag vielleicht auf den ersten Blick ganz lustig wirken, ist aber in zweierlei Hinsicht sexistisch. Erstens suggeriert er, dass Mädchen grundsätzlich in Mathe schlecht sind. Und zweitens degradiert er Mädchen zur Dekoration. Die Botschaft ist also: „Ich kann kein Mathe, aber das ist cool und außerdem seh ich gut aus!“ Erwartungsgemäß wurde OTTO auf seiner Facebook-Seite darauf hingewiesen, dass das T-Shirt sexistisch ist, was aber schon durch eine Unisex-Deklaration aufgehoben worden wäre. OTTO hat aber entschieden sich anders dazu zu äußern. Sie teilten mit, dass es nicht ihre „Intention“ war jemanden zu verletzen und wies darauf hin, dass die Kollektion von Frauen entworfen worden sei. Weiter ging es dann so: „Die T-Shirts sind bislang bei vielen unserer Kunden super angekommen und wir erhalten sehr viele positive Produktbewertungen auf otto.de. Daran könnt ihr ja schon erkennen, wie unterschiedlich diese Sprüche interpretiert werden können. Wir nehmen eure Meinungen sehr ernst, bitten aber auch um Verständnis, dass es andere Meinungen gibt.“ Mit dieser Argumentation könnte man auch Hakenkreuze auf T-Shirts drucken. Ich würde vermuten, dass es auch dafür genug Abnehmer und positive Bewertungen gäbe. Auch ist die Annahme, dass ein T-Shirt nicht sexistisch sein kann, weil es von Frauen entworfen wurde, völlig absurd. Auch Frauen sind sexistisch. Und am wichtigsten: Sexismus ist keine Meinung!
Bei Facebook gab es einen Haufen von Antworten im Stile von: „Was regt ihr Euch so auf über ein T-Shirt!“ – „Ist doch lustig!“ – „Habt ihr kein Leben, es gibt viel wichtigere Probleme?!“ Zweifelsohne gibt es gravierendere Probleme auf der Welt als sexistische T-Shirts bei OTTO, trotzdem ist das kein Grund nicht auch auf diese Mißstände hin zu weisen. Und es ist auch gar nicht von Aufregen die Rede. Wenn man OTTO auf den Sexismus hinweist, besteht ja immerhin die Möglichkeit, dass dort bisher niemand darüber nachgedacht hatte. Aufregen kann man sich dann lediglich über die blöde Stellungnahme. Vor ein paar Wochen gabe es ja die große #Aufschrei-Aktion bei Twitter, nachdem Herr Brüderle blöde Sprüche gemacht hat. Da hatte es das Thema Sexismus sogar in die Mainstream-Medien geschafft. Was denkt Ihr denn, wo sowas anfängt? Ja, auch mit solchen T-Shirts. Wir alle sind geprägt von den klassischen Rollenbildern. Es ist weder politisch noch gesellschaftlich gewünscht, dass begabte Mädchen ihr Potential in Berufen vergeuden, die keine Zukunft haben und völlig unterbezahlt sind, nur weil sie denken, ein technisches oder naturwissenschaftliches Studium sei zu schwer. Deshalb gibt es auch den Nationalen MINT-Pakt, den Girls Day und was weiß ich noch alles. Man sieht, es wird Geld und Arbeit investiert, die klassischen Rollenbilder in den Köpfen zu ändern. Das Interesse für Naturwissenschaften ist bei Mädchen und Jungen solange gleichermaßen vorhanden, bis die Mädchen in die Pubertät kommen und sich mit ihrem Geschlecht mehr identifizieren. Dann fallen viele automatisch in die ihnen zugeteilten Rollen, z.B. dass Mädchen schlecht sind in Mathe. Mädchen schneiden bei Mathetests schlechter ab, wenn sie vor Beginn des Tests ankreuzen müssen, dass sie weiblich sind. Die Identifizierung mit dem weiblichen Geschlecht, führt automatisch dazu, dass sie unsicherer beim Lösen von Matheaufgaben sind. Und das ist angelernt, nicht genetisch!
Ein T-Shirt auf dem steht, dass Mädchen in Mathe nur Deko sind, suggerieren es sei cool oder zumindest normal, dass Mädchen kein Mathe können. Es ist weder cool noch normal und so ein dummer Spruch kann viel der geleisteten Arbeit zum Aufbrechen der Rollenbilder zunichte machen. Deswegen ist es wichtig auf Sexismus hin zu weisen. Grundsätzlich kann ich verstehen, dass Menschen die mit der Problematik bisher nicht zu tun hatten, die Aufregung um ein T-Shirt nicht nachvollziehen können. Dazu kann ich sagen: Herzlichen Glückwunsch, wenn Du noch keine Erfahrung mit Sexismus gemacht hast. Was ich allerdings nicht verstehen kann, ist das Beschimpfen von Menschen, die auf Sexismus hinweisen, wie es bei Facebook geschehen ist. Auch ich kann grundsätzlich mal über sexistische Sprüche lachen. Ich kann aber die massenhafte Verbreitung nicht tolerieren. Deshalb bin ich keine Spaßbremse, keine frustrierte Mutti, die nichts anderes zu tun hat, als im Internet nach Sexismus zu stöbern (leider muss man danach ja nicht mal stöbern) und keine lesbische Emanze. Ich bin nur eine von denen, die ständig versuchen Mädchen Mut zu machen sich was zu trauen und zu zu trauen.
The Problem is not that I see sexism everywhere, the problem is that you don’t!