Die Bahn macht hier in Stuttgart Plakatwerbung für das Projekt Stuttgart 21. Und zwar werben sie mit „Die guten Argumente überwiegen„. Ist das nicht irgendwie ein Eingeständnis? Für mich hört sich das an wie: „Haja, ihr habt ja schon recht mit Euren Bedenken und so, aber wenn man jetzt eine Liste machte und auf die eine Seite die Vor- und auf die andere die Nachteile schriebe, dann ständen so ein oder zwei Sachen mehr auf der Vorteile-Seite.“ Es wird also zugegeben, dass es stichhaltige Argumente gegen Stuttgart 21 gibt. Es ist allerdings nicht besonders nett, diese Argumente von vornherein als schlecht zu bezeichnen. Oder bedeutet es, dass es eine Vielzahl von schlechten Argumenten für Stuttgart 21 gibt, aber noch mehr gute?

So richtig toll finde ich das mit Stuttgart 21 nicht. Klar steht außer Frage, dass der Hauptbahnhof in Stuttgart total am Ende ist und dass es nicht besonders gut ist, dass die Züge alle von Norden reinschleichen müssen. Allerdings lassen sie das alles ja seit 15 Jahren verrotten, damit es ein weiteres (gutes?) Argument für den Neubau gibt. Auch nicht zu diskutieren ist die beispiellos schlechte Anbindung des Flughafens an den Fernverkehr. Am Wochenende kann es schon mal passieren, dass man am Flughafen 40 Minuten auf die nächste S-Bahn in Richtung Stadt wartet. Das hat aber vor allem mit dem unglaublich schlechten ÖPNV in Stuttgart zu tun. Zu den Stoßzeiten fahren hier die S-Bahnen einer Linie im 15-Minuten-Takt. Ja, in anderen Städten sind das die Wochenend- oder Nachttaktungen. Mehr ist nicht machbar, da alle S-Bahnen durch den Tunnel vom Bahnhof nach Vaihingen fahren. Der Tunnel ist hier also das begrenzende Element. Wenn eine S-Bahn irgendwo im Tunnel stecken bleibt, dann fällt einfach mal der ganze S-Bahn-Verkehr aus. Für die Einrichtung von Umleitungen und Schienenersatzverkehr kann die VVS schon mal eine Stunde brauchen. Und da soll der neue Bahnhof dann komplett unterirdisch sein, wenn sie es schon mit einem S-Bahntunnel nicht auf die Reihe kriegen? Das kann ja nur schief gehen. Klar ist die Fernverkehrsanbindung an den Flughafen wichtig und auch, dass die Züge schneller wieder aus Stuttgart weg sind (wer will sich da schon lange aufhalten?), aber dieser ganzen Untertunnelei und Abreißerei kann ich nichts abgewinnen. Sowas planen wieder Leute, die auch meinen, Stuttgart wäre eine Großstadt, also wie Berlin oder so. Aber Stuttgart bleibt leider Provinz. Auch mit hippem neuem Bahnhof. Und schöner wird Stuttgart dadurch auch nicht. (Es wird ja immer behauptet Stuttgart hätte schöne Ecken, aber die verstecken sich schon sehr gut zwischen häßlichen Betonklötzen und riesigen Hauptverkehrsstraßen. Wo sonst wird man eigentlich noch von auf dem Gehweg fahrenden Autofahrern beschimpft, weil man dort geht?). Und teuer ist es. Ein „gutes“ Argument der Befürworter ist ja immer, dass das Geld dafür auch vom Bund und der EU kommt. Aber ist das nicht eigentlich wurst aus welchem Steuertopf das kommt? Am Ende hab es doch ich bezahlt. Das ist doch, wie wenn ich meine Einkäufe heute statt mit der EC-Karte mal mit der Kreditkarte bezahle. Am Ende wird doch alles von meinem Konto abgebucht.

Wer sich für die Gegenargumente und den Alternativvorschlag interessiert, die gibt es hier. Aber ein gutes Argument für Stuttgart 21 fällt mir doch ein: Vielleicht geht ja beim Tunnelbohren was schief, der Anhydrit unter Stuttgart quillt auf und zerstört die Innenstadt. Das wäre doch mal was.