Spielplatzgespräche
von alasKAgirlAug 13
Wir haben hinter dem Haus einen kleine Spielplatz mit Sandkasten und Rutsche. Neulich haben der Kleine und ich dort eine Frau mit zwei Kindern getroffen. Ein kleines Mädchen, schätzungsweise drei Jahre, und ein kleiner Junge, acht oder neun Monate alt. Das Mädchen hatte kleines Sandspielzeug dabei, also sehr kleine Schaufeln und ein sehr kleines Sieb. Alles nur etwas größer als ein Löffel. Da der Kleine gerade fleißig übt das Essen selbst reinzulöffeln, hat er gleich das Sieb voll Sand geladen und ein bisschen Sand in den Mund genommen. Ich habe nicht angefangen hysterisch zu kreischen und zu schimpfen, sondern lediglich „Ihh“ gesagt. Die Frau meinte daraufhin sie hätte noch nie eine Mutter gesehen, die da so ruhig bleibt. Nach einer Pause meinte sie dann, man solle den Kindern aber schon immer gleich zeigen, dass das „falsch“ ist, sonst machen sie es ja immer weiter. Ich hab dann gemeint, dass er schon merken wird, dass Sand nicht schmeckt. Ich gehe ja nicht davon aus, dass ich im künftig Sandkuchen zum Geburtstag servieren soll. Ein großes Theater wegen ein paar Gramm gegessenem Sand fange ich bestimmt nicht an. Zumal es ihm ja gar nicht ums Sand essen, sondern ums Löffeln ging. Und Löffeln ist ja nun nichts falsches. Sie hat dann etwas später versöhnlich gefragt, ob ich da irgendwelche revolutionären Erziehungsmethoden anwende, sie könne ja schließlich auch noch was lernen. Dann hat sie das Thema gewechselt und wir haben über die Mietpreise in Deutschland und der Slowakei (da kommt sie her) geredet. Etwas später dann erwähnte sie, dass das kleine Mädchen mit einem Jahr bereits fünf Worte sagen konnte. Sie meinte, dass sie sich darum immer besonders gekümmert hätte, weil sie viel Wert darauf legt. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass das schon wieder ein Vorwurf sein sollte, weil mein Sohn mit bereits 14 Monaten außer „da“ und „ditte“ nichts (zumindest nicht auf deutsch) sagt. Dann fragte sie, wann der Kleine denn sitzen konnte. Mit sieben Monaten konnte er das. Man konnte den Neid in ihrem Gesicht sehen und sofort hat sie den kleinen Junge versucht hinzusetzen. Aber er konnte es nicht. Ich fand das etwas seltsam. Wir sind ja nicht zum Kindervergleich angetreten. Ich hätte ihr ja was darüber erzählt wie Kinder sich entwickeln, aber ihr deutsch war nicht so gut und außerdem wollte ich ihr nicht reinreden. Soll sie eben machen wie sie denkt und ich mache wie ich denke. Dann sind sie gegangen und ich habe mich gefragt, in welcher Beziehung sie zu den Kindern steht. Die Mutter ist sie nicht, soviel konnte ich heraushören. Auch, dass sie da war, als das Mädchen klein war und jetzt wieder da ist. Wahrscheinlich ist sie das Kindermädchen. Vielleicht treffe ich sie ja mal wieder, dann frage ich nach.
3 Kommentare
Kommentar von Die Schwester mit Kindern am 24. August 2010 um 21:05
Na, dann würde sie hier wohl die Welt nicht mehr verstehen, wo nackte Kinder zusammen mit Tauben in Matschpfützen sitzen, reinpieseln und das Schlammwasser aus Sandförmchen schlürfen… (letzteres finde ich allerdings selber mehr als „Ihh“!)
Kommentar von sue am 9. September 2010 um 22:58
Diesen Kinderleistungsvergleich gibt es schon solange wie Mütter auf Spielplätzen sitzen – und er nervte mich vor allem bei Kind 3 besonders:
Der konnte Sitzen mit einem Jahr, Laufen mit zwei und gesprochen hat der als Kleinstkind nie und schon gar nicht mit Fremden. In diesen Prahlrunden hätte ich nie mitreden können – ausser vielleicht: er war immer still, immer zufrieden und sehr ausgeglichen – solange man ihn in Ruhe ließ. Auffällig waren seine Augen, die ständig beschäftigt waren… vollkommen reglos beobachtet der alles, aber wirklich alles um sich herum. Er nutzte jeden unbeobachteten Moment, um in der Küche zu verschwinden und dort im damals noch vorhandenen Kohleneimer umzuräumen. Er war 3, als mich eine frühere Schulfreundin fragte, ob er behindert sei. Er sass in seinem Wagen zurückgelehnt, hat sich nicht ansprechen lassen und auf ihr drängelndes Kind nicht reagiert.
Er war 4, als eine Erzieherin im Kindergarten mir größte Vorwürfe machte, dass er sich an nichts beteiligen würde, dass ich nicht mal sagen könne, was er zum Geburtstag bekommen hatte. Er mochte diese Frau nicht, den anderen hat er strahlend vom neuen Müllauto erzählt. Er war 6, als ich gegen viel Widerstand eine Verschiebung seiner Einschulung durchsetzte. Fördermaßnahmen habe ich allesamt abgelehnt – der war einfach nur zu still und hatte seinen ganz eigenen Plan. Mit Lehrern und Aufgaben wäre er zurechtgekommen, nicht aber mit den Kindern…
Er war 9, als er Klassensprecher wurde und das besonnenste Kind war, welches der Lehrerin je untergekommen war. Er war 11, als er zum Gymnasium wechselte – seine älteren Geschwister waren immer fixer, aber nie am Gymnasium. Er wird jetzt 16, ist noch immer hypersensibel, aber einen Kopf größer als ich und weint noch immer, wenn er merkt, dass ich ihm böse bin. Er kümmert sich um seinen gesamten Schulkram ohne jede Hilfe. Eine gewaltige Hilfe ist er bei seinen Großeltern, die 80 sind und wo Demenz ein Thema ist. Und ich bin stolz auf und zufrieden mit dem Kind, das nie Vorzeigekind war und das angeblich nie was begriffen hat.
Zum Teufel mit revolutionären Erziehungsmethoden – jedes Kind ist anders und es war richtig, Nr.3 das Kind sein zu lassen, das er war.
Kommentar von AnJu am 10. September 2010 um 08:40
Sue, danke für Deinen schönen Kommentar. Ja, jedes Kind ist anders und Außenstehende sollten sich in den meisten Fällen einfach nicht einmischen. Ich finde es toll, dass Du, trotz blöder Blicke und dummer Kommentare, Dein Kind so sein hast lassen, wie er es gebraucht hat.