Gestern abend war ich zum ersten Mal und relativ spontan bei einem Poetry Slam. Drei alte Klassenkameraden hatten gefragt, ob ich mitkommen wolle und da es bei mir um die Ecke stattfand, bin ich mal mitgegangen. Und mir hat’s gefallen. Es war wohl alles recht klein und unprofessionell im Vergleich zu anderen Poetry Slams, aber da es mein erster war, kann ich mich nicht beklagen. Etwa 15 sehr unterschiedliche Leute haben ihr Selbstgeschriebenes vorgetragen. Nur eine Frau war dabei und die ist mit ihrem sehr kurzen Gedicht als erste Vortragende gnadenlos untergegangen. Beeindruckend fand ich einen Jugendlichen, würde ihn auf 16/17 schätzen. Der hat sich vorne hingestellt und gleich mal erzählt, dass er Rap macht und seine Texte real (also englisch ausgesprochen, natürlich!) sind. Vor einem Publikum von Studenten und Möchtegern-Intellektuellen über die Probleme von Jugendlichen zu rappen, fand ich schon bewundernswert. Erwartungsgemäß hat er’s aber nicht in die nächste Runde geschafft. Allerdings wurde „real“ zum Running-Gag des Abends. Mehrere der anderen Vortragenden wiesen drauf hin, dass ihre Texte auch „real“ seien oder eben gerade nicht „real“. Die Texte waren so nett geschrieben, dass ich bei fast allen dachte „Für den klatsch ich nachher besonders laut.“. Einer war sogar dabei, der nicht mal etwas vorbereitet hatte und sich mit der Teilnahme nur den Eintritt sparen wollte. Mein Favorit war allerdings ein anderer Rapper. Seine Texte waren nicht ganz so real, aber dafür wirklich clever und trotz extremer Texthänger im zweiten Durchgang, war sein Vortrag immernoch souverän. Zur Belohnung ist er am Ende zweiter geworden und der Sieger war auch wirklich gut. Ich fand es sehr lustig, mit wieviel Mühe die rappenden Jungs ihre Texte schreiben, und dabei auf Stilmittel zurückgreifen, die sie im Deutschunterricht nicht lernen wollten. Irgendwie ist es nämlich doch alles das gleiche, nur ist Lyrik normalerweise ohne Beat. Besonders doof fand ich deshalb auch die Aussage eines anderen Teilnehmers. Er meinte zu den ganzen Rappern mal was sagen zu müssen, und zwar sollten sie doch mal zuhause bleiben, wenn sie immer nur von der Straße erzählen könnten. Ich fand’s total daneben und ich denke einige andere auch. Diese Arroganz, dass das was er schreibt besser sei, weil es sich Lyrik nennt. Unglaublich unsympathisch. Bei seinem Vortrag hab‘ ich dann nicht mehr wirklich zugehört. Klassisches Eigentor. Insgesamt war es ein lustiger Abend und wer weiß, vielleicht texte ich ja auch mal was für’s nächste Mal.