Wenn man in den Medien einen Bericht zu einem Thema mit dem man sich zufällig auskennt sieht oder liest, stellt man oft fest, dass einiges nur halbrichtig bis hin zu grottenfalsch dargestellt wird. So ging es mir letzten Donnerstag bei einem Kontraste-Beitrag über Atomkraft. Es geht um den Betrieb von vier Siedewasserreaktoren in Deutschland. Ein baugleicher Reaktor in Österreich wurde nie in Betrieb genommen. Im Beitrag wird suggeriert, dies wäre aufgrund von Sicherheitsmängeln der Fall gewesen. Tatsächlich wurde die Inbetriebnahme durch einen Volksentscheid verhindert, der, wenn man wikipedia glauben darf, mehr von der politischen Situation im Land als von Sicherheitsbedenken beeinflusst war. Der Bericht bedient sich Bildzeitungsterminologie, spricht von Billigreaktoren, was ich für einen serösen Beitrag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht angebracht finde. Prof. Kromp von der Universität Wien, den ich nicht kenne und über dessen Kompetenzen ich mir deshalb kein Urteil erlauben mag, erläutert einen möglichen Störfall eines Siedewasserreaktors, der, träte er so auf, zum Super-GAU führen würde. Es geht dabei um eine Schweißverbindung, die am unteren Ende des Reaktordruckbehälter sitzt. Im Reaktordruckbehälter befinden sich die Brennstäbe, dass die Sicherheit des Behälters gewährleistet sein muss, steht also außer Frage. Die regelmäßigen Überprüfungen werden vom TÜV durchgeführt. Der Bericht geht nun auf die Verflechtungen der TÜV Süd AG mit den Betreibern der Kraftwerke ein und unterstellt unterschwellig der TÜV würde die Prüfungen nicht sorgfältig genug durchführen, bzw. Mängel verschweigen, da er ja sein Geld mit der Überwachung der Kraftwerke verdient und demzufolge kein Interesse am Abschalten eines Kraftwerks hat. Ich weiß nicht inwieweit der TÜV von den Betreibern beeinflusst wird, ich bin aber sicher, dass auch der TÜV kein Interesse an einem GAU hat und deshalb gehe ich nicht davon aus, dass sicherheitsrelevante Mängel verschwiegen werden. Außerdem kriegt die zuständige Behörde alle Daten und auch die Prüfberichte des TÜV vorgelegt. Eine Mauschelei zwischen TÜV und Betreiber ist hier also schwierig. Dass das Umweltministerium sich einen TÜV-Mitarbeiter zum Interview mitnimmt, stellt der Beitrag als Bevormundung dar. Man muss aber dazu sagen, dass die Prüfung von sicherheitrelevanten Bereichen im Kernkraftwerk nun nicht so trivial ist, dass sich jeder Pressemitarbeiter des Umweltministeriums damit auskennt. Warum soll er also nicht jemand mitnehmen, der sich damit auskennt? Dass das Interview abgebrochen wurde, zeigt lediglich die Medienunerfahrenheit der Interviewten. Wie wenig einfach die Schweißnahtprüfung ist, zeigt sich dann zum Ende des Berichtes. Zumindest so kompliziert, dass sich keiner der drei Autoren die Mühe gemacht hat, sich damit auseinanderzusetzen. Es wird darauf hingewiesen, dass der TÜV die Schweißnaht nur alle vier Jahre und auch nur von außen prüft. Ja, das ist so. Die Prüfung erfolgt allerdings genau nach dem Regelwerk des Kerntechnischen Ausschusses (KTA), der sich je zu gleichen Teilen aus Betreibern, Herstellern, Behörden, Gutachtern (und es gibt noch andere als den TÜV) und sonstigen zusammensetzt. Es ist also keineswegs eine Entscheidung des TÜV, die Prüfungen alle vier Jahre durchzuführen, sondern eine gemeinsame Entscheidung aller Mitglieder des KTA. Wie die Schweißnahtprüfung vorzunehmen ist, kann außerdem jeder auf der Homepage des KTA im Regelwerk nachlesen. Eine Schweißnaht von außen mit Ultraschall zu prüfen erlaubt  eine 100%ige Prüfung der Naht. Es ist in der Regel nicht notwenig zusätzlich von innen zu prüfen, was im Beitrag gesagt wurde. Genau aus diesem Grund verwendet man Ultraschallverfahren in kerntechnischen Anlagen.
Man kann ja zur Kernenergie stehen wie man will. Ich bin selbst kein Befürworter der Laufzeitverlängerungen. Trotzdem mag ich solche mediale Panikmache nicht. Eine aufgebauschte Geschichte, ohne viel Detailwissen, nichts anderes war der Beitrag. Dabei gibt es zum Thema Kernenergie genug andere Themen, die diskussionswürdig sind, z.B. die Endlagerung, unser Müll in Russland und der Uranabbau in Australien. Auch wundert man sich, dass hier quasi über nichts berichtet wird, die Medien sich 2001, als wir nur knapp am GAU vorbeischrammten, weitestgehend (vom Spiegel abgesehen) nicht darum gekümmnert haben. Die in diesem Beitrag genannte Schweißnaht hatte mit dem Störfall in Brunsbüttel übrigens nichts zu tun.