Kind, Baum, Haus und gut?
von alasKAgirlJan 28
Ich bin jetzt in dem Alter, in dem viele meiner Freunde Kinder kriegen und Häuser bauen/kaufen oder beides. Da wurde dann die Frage gestellt, warum das so sei, warum plötzlich jeder davon träumt ein Haus zu haben. Eine Antwort war, dass die meisten keine Idee haben, wie man ein Leben anders gestalten kann und deshalb einfach alles so machen, wie sie es selbst erlebt haben. Also eine halbwegs nette Formulierung für „Das sind halt alles Spießer.“
Ich bin in den letzten 14,5 Jahren siebenmal umgezogen, im Schnitt ca. alle zwei Jahre. Alle diese Umzüge waren sinnvoll oder notwendig. Jeder Umzug war anstrengend und einige sogar ziemlich ätzend. Und ich hab davon einfach die Nase voll. Ich möchte gerne irgendwo einziehen und wissen, dass ich da erstmal nicht ausziehen muss. Im Moment wohnen wir zur Miete in einem Haus. Das Haus ist in vieler Hinsicht genau richtig für uns, hat aber auch ziemlich viele Dinge, die ich ändern würde, wäre es meins. Angefangen bei der Heizung und Isolierung über den Dachausbau bis hin zu Küche und Bad. Die Küche haben unsere Vormieter umgestaltet, dass es jedem Küchenplaner den Schweiß auf die Stirn treiben würde. Schränke über Eck, die sich nicht öffnen lassen, wenn Griffe angebracht sind, quasi kein Stauraum und wenig Arbeitsfläche, schummrige „indirekte Beleuchtung“ statt einer Deckelampe. Wir haben schon ein paar Dinge verändert, aber wie viel möchte man schon investieren, wenn man nicht weiß, wie lange man dort noch wohnt? Unsere Vermieter haben zwei Töchter im heiratsfähigen Alter, die gerade studieren und vermutlich innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre eine Familie gründen werden. Dann werden sie vor dem gleichen Problem stehen, wie alle Familien im Großraum Stuttgart. Es gibt in dieser Stadt quasi keinen bezahlbaren Wohnraum für Familien. Vierzimmerwohnungen sind sehr selten und werden gerne bevorzugt an Paare mittleren Alters vermietet oder sind völlig ungeeignet geschnitten. Glaubt mir, wir haben uns sehr lange mit Wohnungsangeboten beschäftigt. Und wenn man ohnehin außerhalb wohnt, kann man ja auch ins Haus der Großeltern einziehen. Und wenn die Töchter unserer Vermieter darauf kommen, müssen wir ausziehen. Mir graut jetzt schon davor. Vermutlich werden wir nichts annähernd Vergleichbares zu einem ähnlichen Preis finden, bzw. sind die Mietpreise für Häuser und große Wohnungen in der Regel so hoch, dass man bei der momentanen Zinslage mit einem Kauf eine geringere monatliche Belastung zu tragen hat.
Außerdem bin ich es leid, bei jeder Macke, die die Kinder in die Holzdielen hauen, gleich anzufangen zu rechnen, was es wohl kostet den Boden abschleifen zu lassen, wenn wir ausziehen. Oder bei jedem Bohrloch in der Wand dran zu denken, dass es wieder zugespachtelt werden muss. Ich bin es leid, jeden Monat Miete zu bezahlen, die uns im Alter fehlen wird, weil wir weder nennenswerte Geldbeträge zur Altersvorsorge anlegen konnten, noch unser Geld in Wohneigentum konserviert haben. Deshalb wünsche ich mir, dass wir mal im eigenen Haus wohnen werden, dann wenn wir entschieden haben, wo und wie wir leben möchten.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass man seine Kinder auch ohne Haus und Garten auf dem Land großziehen kann. Auch das Leben in der Stadt bietet mit Kindern Vorteile. Bei mir liegt es nicht daran, dass ich mir nichts anderes vorstellen kann, sondern eher daran, dass es sich eben so ergeben hat. So wie wir jetzt leben, im Haus auf dem Dorf im hochpreisigen Großraum Stuttgart, wäre mir Wohneigentum lieber. Lebten wir in der Großstadt, wäre mir der Gedanke vermutlich auch eher fremd.
Vielleicht bin ich spießig, wenn ich mich danach sehne irgendwo anzukommen, meinen Kindern Sicherheit und Stabilität zu bieten. Vielleicht ist es spießig, wenn ich mir Festanstellung und Haus wünsche, um meinen Kindern sagen zu können „Hier bleiben wir, hier und mit diesen Menschen um Euch werdet ihr groß.“ Ich möchte ankommen, ich war schon zu lange unterwegs. Ich bin nicht mehr auf der Suche nach dem großen Vielleicht.
7 Kommentare
Kommentar von Anne am 28. Januar 2014 um 15:01
Danke für diesen Post!
Ich stimme, insbesondere dem letzten Abschnitt, zu, obwohl ich keine Kinder hab, sondern „nur“ während des Zusammenschreibens meiner Diss und im Hinblick auf das Jobfinden „danach“ denke, dass ich endlich, endlich ankommen will – auch weil ich in meiner Kindheit wenig „örtliche“ Stabilität empfunden habe – wir sind ein paar Mal umgezogen – und das etwas ist, was ich sehr bedauere.
Kommentar von bullion am 28. Januar 2014 um 20:07
Was hat denn das mit spießig zu tun? Das liegt doch eher an der Lebensplanung. Ich kenne viele in meinem Alter (so zwischen 30 und 35), die – wenn überhaupt – gerade einmal eine feste Beziehung haben und natürlich das Leben in der Stadt bevorzugen. Gerne auch mit Umzug alle zwei Jahre. Ganz klar. Würde mir vielleicht auch nicht anders gehen.
Wenn man in dem Alter allerdings schon zwei Kinder hat, dann setzt man eben andere Prioritäten. Ich möchte auch nicht mehr zurück in die Stadt – und da unsere Drei-Zimmer-Wohnung inzwischen viel zu klein ist, haben wir Anfang des Jahres ein Grundstück gekauft. Wie und wann das mit dem Hausbau funktioniert, steht auf einem anderen Blatt – aber auch im Großraum Nürnberg wird es immer enger und somit ist das Ziel zumindest klar. Für mich ist das nicht spießig, für mich und meine Familie ist das das Ziel.
Kommentar von Kirsten am 28. Januar 2014 um 21:34
Und wer andere spießig nennt, ist meist selber nicht so weit davon entfernt, wie er/sie es gern hätte.
Ich glaube, die wenigsten Menschen kaufen ein Haus, „weil man das eben so macht“ und sie keine Fantasie haben, was sie mit ihrem Leben anderes machen könnten, sondern genau aus den Gründen, die Du nennst.
Und wie unvorstellbar ist es, Hunderttausende Euro Schulden zu machen, das ist nun keineswegs der einfachere Weg, würde ich mal sagen.
Kommentar von alasKAgirl am 29. Januar 2014 um 09:26
Spießig finde ich, wenn man Dinge nur deshalb tut, weil man nie drüber nachgedacht hat, sie anders zu machen, als man es kennt. Aber grade bei der Entscheidung, wie man leben möchte, kann zumindest ich mich davon nur schwer freimachen. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und hatte eine tolle Kindheit und Jugend. Das wünsche ich mir dann natürlich auch für meine Kinder. Und ich habe nie in einer Großstadt gelebt, deshalb fehlt mir die Vorstellung, wie man dort mit Kindern lebt. Obwohl es da ganz klar auch Vorteile gibt, wenn man z.B. an das kulturelle und Freizeitangebot denkt.
In Karlsruhe wäre es mir vermutlich auch mit Kindern nicht in den Sinn gekommen nach außerhalb zu ziehen, wobei ich mit „außerhalb“ die Dörfer meine, die nicht mehr mit der S-Bahn zu erreichen sind. Dagegen ist die Vorstellung in Stuttgart zu wohnen eher gruselig.
Kommentar von Frau Kreis am 29. Januar 2014 um 21:32
Nö. Überhaupt nicht spießig. Die Sehnsucht danach, irgendwo anzukommen und so etwas wie Sicherheit zu haben, ist – behaupte ich mal so – originär menschlich. Gerade, wenn man durch Studium, erste Jobs etc. … eine Zeitlang auf Probe irgendwie irgendwo gelebt hat, wenn man häufig umgezogen ist u.ä. – ich kann das sehr gut verstehen. Spießigkeit hat für mich auch viel mit Borniertheit und mangelndem Reflexionsvermögen über die eigene Situation zu tun – beides hat mit Haus und Festanstellung überhaupt nichts zu tun. Ich drück die Daumen!
Kommentar von N.N. am 12. Februar 2014 um 22:28
Bei sieben Umzügen in 14,5 Jahren ist der Schufascore so schlecht, dass die Finanzierung schwierig wird.
Kommentar von alasKAgirl am 13. Februar 2014 um 10:00
Ich baue da voll und ganz auf Dein Lottoglück 😀