Die armen Schüler
von alasKAgirlJan 31
Neulich las ich im Spiegel Nr 3 diesen Jahres einen Artikel über das 8-jährige Gymnasium. Der Titel lautete „Diebstahl der Kindheit“. Gestern hat D. den gleichen Artikel gelesen und sagte dann genau das, was ich beim Lesen auch gedachte hatte: Wenn ein Kind Ess-, Schlafstörungen und Bauchschmerzen hat, wegen der Schule, dann ist es vielleicht einfach auf der falschen Schule. Aber von vorne. In dem Artikel geht es darum, dass die Schüler durch das 8-jährige Gymnasium überfordert werden, da der gleiche Stoff in weniger Zeit gepackt werden muss. Die Schüler stehen dadurch unter zusätzlichem Druck, leiden unter Stress und haben keine Freizeit mehr. Aber liegt das nicht einfach daran, dass nicht alle Schüler die Fähigkeiten haben ein Gymnasium zu besuchen? Fast 40 % der Schüler in Baden-Württemberg gehen inzwischen nach der Grundschule auf ein Gymnasium. 1990/91 waren es gerade mal 32 %. Sind denn die Schüler so viel schlauer geworden? Ich denke nicht. Die meisten Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder Abitur machen und so werden viele schon in der Grundschule gedrillt. Was sich da mit Fleiß noch erreichen lässt, hilft dann auf dem Gymnasium nicht mehr unbedingt weiter. Ich glaube nicht, dass ich wirklich Probleme damit gehabt hätte, das Abitur in einem Jahr weniger zu machen, wenn ich mir überlege, wieviel Zeit ich mit dem Rücken zur Tafel zugebracht habe oder damit, irgendwelche Statistiken über die Klamottenwechsel meiner Vorsitzer zu entwerfen. Auch kann ich mich erinnern, dass ich irgendwann in der achten Klasse das erste Mal versuchte auf eine Klassenarbeit zu lernen. Ich wusste weder was noch wie ich lernen sollte, dachte nur es sei nötig, weil alle es machen. Tatsächlich ist es aber möglich die ersten 10 Schuljahre zu bestehen ohne auf eine Arbeit gelernt zu haben. Ich habe auch später in kaum eine Klausur (außer dem Abitur) mehr als einen Abend Lernzeit investiert. Und trotzdem hatte ich nie Probleme, war nie auch nur ansatzweise versetzungsgefährdet. In dem Artikel heißt es auch, es sei für eine berufstätige Mutter nicht möglich ein Kind aufs Gymnasium zu schicken. Hä? Meine Eltern hatten mit meinen Hausaufgaben nie irgendetwas zu tun. Deshalb habe ich wohl auch früh gelernt zu entscheiden, wieviel Zeit tatsächlich nötig ist und welche Aufgaben man noch schnell in der Pause erledigen kann. Und erstaunlicherweise haben meine Eltern, obwohl sie sich nicht um unsere Hausaufgaben gekümmert haben, vier Kinder zum Abitur bekommen und das ohne Ehrenrunde. Also sind die Schüler, die sich überfordert fühlen vielleicht wirklich überfordert und wären auf der Realschule besser aufgehoben. Was ihnen dann die Kindheit stiehlt ist nicht das böse System, sondern ihre eigenen Eltern, die unbedingt wollen, dass ihre Kinder Abitur machen. Und damit nehmen sie einem die Chance, dass zu lernen, was am wichtigsten ist, nämlich, dass man für sich selbst lernt, nicht für die Eltern, die Lehrer oder die Noten. Wer das kapiert hat, hat nämlich auch kein Problem mehr mit der Schule.
6 Kommentare
Kommentar von Anonymous am 31. Januar 2008 um 19:58
Die Realschule ist heute auch nicht einfacher oder stressfreier, es ist schon so, dass nicht so sehr die Ansprüche, mehr aber die Auslese gestiegen ist. Durch das G8 kann man nach der 6. Klasse nicht mehr zur RS wechseln, deshalb muss sortiert werden. Du hattest aber komische Eltern, wenn die sich nicht um die Hausaufgaben gekümmert haben.
Kommentar von tumulder am 31. Januar 2008 um 22:14
Da ist schon ein ganzer Batzen Wahrheit in Deiner These. Aber kann man es den Eltern wirklich verdenken, wenn sie sich Sorgen um den Schulabschluß ihrer Kinder machen? Es ist nun mal in den Köpfen der Eltern, daß man ohne Abitur heute kaum noch vernünftige Chancen auf einen Ausbildungsplatz hat. Ob das nun stimmt oder nicht, steht auf einen anderen Blatt. Dabei wird oft vergessen, daß die Uni oder Fachhochschule ja nicht verschlossen bleibt, wenn man sein Kind erst einmal nicht auf das Gymnasium schickt. Wieviele Ingenieure, Kaufleute etc. haben sogar zuerst die Hauptschule besucht? Während meines Studiums habe ich ziemlich viele kennengelernt, die ihren Hochschulzugang über den zweiten Bildungsweg gemacht haben. Und die waren keineswegs Verlierer, eher das Gegenteil war der Fall. Ich denke die Kindheit ist der für das weitere Leben wichtigste Lebensabschnitt. Der sollte nicht von den Eltern versaut werden, auch wenn sie es gut meinen.
Kommentar von AnJu am 31. Januar 2008 um 22:53
Klar wollen Eltern immer das Beste für ihre Kinder. Deshalb wollen ja auch viele nicht wahrhaben, dass ihr Kind eines von denen sein könnte, das es nicht schafft. Und auch klar, dass ich da leicht reden kann, solange ich selbst keine Kinder habe (aber meine wären ja sowieso total klug und so und von sowas nicht betroffen;-) )
Das System Gymnasium und Tagesschule ist halt nicht für jeden das Richtige und manche Schüler hätten mehr davon erst mal auf die Realschule zu gehen und später zu wechseln. Zweiter Bildungsweg ist auch ne gute Sache. Ich denke es würde vielen Schülern etwas den Druck nehmen zu wissen, dass es diese Möglichkeit gibt.
Kommentar von tumulder am 1. Februar 2008 um 01:03
Wichtiger wäre, die Eltern wüßten darüber bescheid;-)
Kommentar von isnochys am 1. Februar 2008 um 10:02
Weshalb sollten sich die Eltern um die Hausaufgaben kümmern? Meine haben das auch nicht und schaut mich an, wo bin ich hingekommen?:)
Viele Eltern können das nicht, denn meine z.B. beherrschen weder Latein, noch Englisch, noch Physik oder sonstige Fächer eines Gymnasiums.
Dass das Abitur leicht ist sag ich schon seit Jahren, denn ich hab es auch, trotz Ehrenrunde:)
Der Stoff in Fächern wie den Sprachen/Sozialfächern ist mit Sicherheit auch in 8 Jahrne abzudecken.
Aber gerade in Geschichte und den Naturwissenschaften kommt man heute ja grad mal bis zum WK2, bzw. ich glaube nicht, dass wir verschiedene Kernmodelle hätten durchnehmen können…
Aber gelernt hab ich aufs Abi auch nur 2 Wochen. Man muß nur klever wählen..:)
Ach ja, ich hab 1997 in Bayern Abitur gemacht, falls jemand nach dem Jahrgang und Bundesland fragt
Kommentar von Dirk am 1. Februar 2008 um 22:56
Hatte ein kleines déjà vu bei Deinem Artikel. Auch ich habe nie verstanden, dass man auf Arbeiten mehrere Tage lernen muß, wie es einige meiner Mitschüler/-innen getan haben. Bei mir reichte meist der Nachmittag. Kommt sicher auch darauf an, wie man lernt. Abilernen fing auch erst im Dezember vorher so langsam an.
Komischerweise versuche ich meine Kinder heutzutage dazu zu bringen, schon ein paar Tage vorher mit dem Lernen für Arbeiten zu beginnen. Inkonsequent, wenn ich so drüber nachdenke.