Tja, leider hat der KSC heute nicht Geschichte geschrieben und endlich bei den Schwaben gewonnen. Bitter, aber irgendwie finde ich Auswärtsniederlagen nicht ganz so schlimm, selbst wenn’s gegen Stuttgart ist. Denn selbst wenn meine Mannschaft verliert, macht sich in mir die Gewissheit breit, dass ich um keinen Preis jetzt im gegnerischen Block stehen wollen würde und für die anderen jubeln. Es ist doch gut zu wissen, dass man da, wo man ist, auch hingehört.
Angereist zum Derby sind wir ganz dekadent mit dem IC. Manchmal hat das mit dem Pendeln auch Vorteile. Auf meine Fahrkarte durften wir nämlich heute zu fünft fahren. Völlig problemlos war auch die Fahrt bis zum Stadion. Dort wurden wir von einem Polizist erstmal auf einen langen Weg geschickt, damit wir nicht direkt durch die roten Fans mussten. Dann standen wir an den Toren zu unserem Block. Wir mussten den gleichen Eingang, wie die bösen Fans, also die mit Stehplatzkarten, benutzen. Da ging’s nur leider gar nicht vorwärts. Strichcodescanner und Drehtüren sind zwar ganz nett, aber es dauert leider ewig. Ausserdem gab es einen Extra-Eingang für Frauen, was die Männer aber nicht daran gehindert hat, sich dort auch anzustellen. Als wir Frauen dann angefangen haben uns von der Seite reinzudrängeln, mussten wir uns noch Gemaule von den Männern anhören. „Das ist hier auch der Fraueneingang.“ meinte ich. Die Antwort: „Mir doch egal!“. Herrlich, wenn Menschen argumentieren können.
Vor dem Anpfiff haben die Schwaben erstmal Feuer in ihrem Block gemacht. Später haben sie dann noch eine KSC-Fahne verbrannt. Die hatten richtig was zu tun. Zündeln, singen und dann auch noch alle zehn Minuten ein neues Spruchband ausrollen. Was es da alles zu lesen gab. „Neun Jahre Abstieg, neun Jahre Frust“, sind das Zukunftsprognosen für ihren eigenen Club? Auch nett war: „Unsere Leidenschaft ist der VfB, eure Daseinsberechtigung der Hass auf uns“. Ach Leute, was bildet ihr Euch nur ein. Stuttgart hassen macht zwar tatsächlich hin und wieder Freude, aber ich hätte auch dann noch Spaß am KSC, wenn Stuttgart in der Kreisliga spielen würde und ich mir darum keinerlei Gedanken machen müsste. Und um den Schwaben zu zeigen, dass wir, wenn wir schon nicht gewinnen, wenigstens mehr Nebel machen können, wurde bei den KSC-Fans auch noch Feuer gemacht. Hinter uns haben die Leute zwar unglaublich geschimpft, aber ich muss da Nick Hornby zustimmen, der in Fever Pitch schrieb, dass zu einem perfekten Spiel immer „irgendein unangenehmer Zwischenfall“ gehört. Irgendwie hatte ich also Spaß im Stadion. Der KSC war die bessere Mannschaft und kurz vor Schluss gab’s ja sogar noch mal Hoffnung. Beim 3:1 (wobei zumindest ein Tor vom VfB Abseits war) gab’s allerdings kein Halten mehr für D. und er verließ den Block. Ich bin gleich hinterher um ihn nicht zu verlieren und konnte so nicht mal mehr Stefko tschüß sagen. Gleich raus aus dem Stadion, um nicht in die Meute gepackt zu werden, die geschlossen nach Untertürkheim zum Bahnhof kutschiert wird, war eigentlich eine gute Idee. Aber rausgehen war nicht. Da stand schon die Polizei um uns, aus Schikane unersichtlichen Gründen, für „zwei oder drei Minuten“, die dann eher zwanzig wurden, festzuhalten. Das schlimmste bei solchen Begegnungen ist immer die absolute Arroganz der Polizisten. Wenn man freundlich um Auskunft bittet, ob man denn dann später auch seine eigenen Wege gehen darf, wird man einfach ignoriert. Kein Wunder, dass da manch einer aggressiv wird. Auch zur U-Bahn durften wir dann nicht, sondern wurden zum Parkplatz gelost. Von dort gingen wir dann zu Fuß um drei Stationen später in die U-Bahn zu steigen, von der uns die Polizei vorm Stadion fern halten wollte. Das ganze hat eine ganze Weile gedauert und unsere Mitfahrer, die im teuren Block gesessen hatten, waren schon seit einer halben Stunde zurück am Hauptbahnhof.
Am Hauptbahnhof durften wir dann auch noch eine Weile auf den Zug warten und hatten noch eine bemerkenswerte Begegnung mit einem jugendlichen VfB-Fan. Der meinte nämlich uns anpöbeln zu müssen. Als D. ihm dann vorschlug er solle doch nach Hause gehen, schrie er uns an, er wohne doch hier. Da die ganze Szene sich vor der Bahnhofsmission abspielte, konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Das haben wir doch schon immer gewusst, dass die asozialen Schwaben in der Bahnhofsmission wohnen. Dann kam die Polizei und der kleine VfB-Fan wurde von uns weg gebeten.
Obwohl der KSC heute nicht Geschichte geschrieben hat, war es doch ein lustiger Tag. Die Frage eines anderen Fans, warum wir uns das eigentlich immer wieder an tun, kann ich nur so beantworten: Irgendwann wird der KSC in Stuttgart siegen und dann will man ja auf jeden Fall dabei gewesen sein.