Neulich war ich auf einer längeren Autofahrt Beifahrer in einem Auto, in dem es außer Radio nur ein Kassettenabspielgerät gab. Da der Fahrer sich nicht mit Radiomusik begnügen wollte, hatten wir ein paar alte Kassetten dabei, die noch aus der Zeit stammten, als man sich Musik auf Kassetten überspielt hat. Da war auch ein Nirvana-Kassette dabei, MTV unplugged in New York. Weltklasse. Die Musik kann ich mir auch jetzt immer noch anhören, obwohl sie schon so alt ist, dass sogar MTV noch ein Musiksender war. Erinnert ihr Euch? Da kam tatsächlich noch Musik und nicht irgendwelche „Wer ist hohler“-Dating-Shows aus Amerika oder die deutschen Remakes davon. Ich fing im Auto sogar an drüber nachzudenken, ob ich mir die Unplugged-CD doch noch zulegen sollte (was mir natürlich erst jetzt beim Schreiben wieder eingefallen ist). Und dann habe daran gedacht, wie das damals war, als Nirvana groß und Kurt Cobain gerade tot war. Ich weiß, dass mich sein Tod auch berührt hat. Mein Schwesterchen hatte sogar ihr ganzes Zimmer plakatiert. Und beim Hören der Musik neulich, ist mir schlagartig klar geworden, warum gerade junge Leute damals so betroffen waren. Kurt Cobain hat quasi den Schmerz der Jugend verkörpert. Als Kind glaubt man noch an das Gute auf der Welt, glaubt z.B., dass das mit dem Wählen immer ganz einfach sei. Die CDU baut Fabriken und macht die Umwelt kaputt, die Grünen machen Fabriken kaputt und schützen die Umwelt, die SPD macht irgendwie beides. Also wählt man grün, weil man ja die grüne Wiese hinter dem Haus behalten will und keine Fabrik im Vorgarten. Ja, so einfach haben wir uns das wirklich vorgestellt. Und je älter man wird und je mehr man lernt, umso bewusster wird einem, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, dass die Probleme der Welt nicht einfach gelöst werden können, dass meistens, wenn man an einer Ecke was Gutes tun will, an anderer Ecke was in die Hose geht. Ein Beispiel dafür ist die Kleidersammlung. Meine Eltern haben mir beigebracht alte Klamotten nicht in den Müll, sondern in den Kleidersack zu packen, damit arme Kinder in Afrika meine ausgewachsenen Hosen noch anziehen können. Ich fand die Vorstellung, dass sich da ein Kind noch drüber freut, immer sehr nett. Nun ist es aber so, dass die kostenlose Kleidung aus der ersten Welt in manchen Ländern der dritten Welt verhindert, dass sich eine eigene Textilindustrie entwickeln kann. Warum was selbst herstellen, was es umsonst gibt. Konsequent wäre es also, die Klamotten nicht mehr da hin zu schicken. Allerdings klebt mir dann das Bild von nackten Kindern im Hirn. Wie man sieht, alles nicht so einfach. Und so ist das mit allen Problemen der Welt. Wenn man sich dann in der frühen Jugend langsam klar macht, dass es die Lösung nicht gibt, dann fühlt man sich macht- und hilflos. Man möchte schreien, möchte alles gut machen, weiß aber nicht wie. Gleichzeitig fragt man sich, wie die restlichen Menschen einfach so vor sich hinleben können, wenn doch alles so grandios schief läuft. Das ist der Schmerz der Jugend. Jeder der ihn spürt, weiß wahrscheinlich was ich meine. Mein Vater hat ihn mit Sicherheit früher gespürt. Manchmal meine ich in seinem Blick zu sehen, wenn ich mich wieder hilflos aufrege, dass er seinen Schmerz in meinem wiedererkennt, aber die Erfahrung hat, zu wissen, dass sich mit der Zeit alles ändert. Dass man spätestens, wenn man beginnt seine eigene kleine Welt (Familie) zu bauen, der Schutz dieser wichtiger wird als der Schmerz der Welt. Und dass man mit der Zeit lernt, dass es immer irgendwie weitergeht, auch wenn man täglich meint, die Welt stünde am Abgrund.
Genau diesen Schmerz der Jugend muss auch Kurt Cobain gespürt haben und hat ihn mit seinem Auftreten, seinen Texten und seiner Musik nach außen getragen. Die Jugend, also wir, hatten das Gefühl, da weiß jemand, wie ich mich fühle! Und dann zu sehen, dass jemand an genau dem Schmerz, den wir alle fühlen, zerbricht, war das Tragische an seinem Tod. Er machte nicht „es geht schon irgendwie weiter“ sondern „so geht es mit mir nicht weiter und die Welt wird sich nicht ändern“ zur Konsequenz.
Der Titel des Posts ist übrigens aus Smells like Teen Spirit (falls es irgendjemand nicht wissen sollte) und ich habe ihn deshalb gewählt, weil in The Fantasy von 30 Seconds to Mars die Textstelle With the lights out it’s little less dangerous vorkommt, und ich mich schon lange frage, ob das mit Absicht die gleichen Worte sind. Irgendjemand Ahnung?