Gestern sagt mein Arzt zu mir „… und dann möchte ich gerne noch mit Ihnen über Nabelschnurblut reden.“ Ich so: „Okeeeee…“ Da ist es also wieder, dieses Thema.
Er also weiter: „Was wissen Sie denn über Nabelschnurblut?“
Ich: “ Man kann das spenden oder privat einlagern lassen.“
Er: „Über die Spende müssten Sie sich selbst informieren in der Klinik, wo Sie entbinden möchten.“
Ich: „Mmh…“
Er: „Sie kennen ja bestimmt die blabla-Blutbank, die für das Einlagern über 2000 Euro will. Hier gibt es jetzt eine neue, die gab es vor zwei Jahren wahrscheinlich noch nicht. Viel tollerer und besserer und da kostet das nur 290 Euro.“
Ich: „Klingt fair.“ während mein Blick auf die Broschüre fällt, die in einem Ständer auf seinem Schreibtisch steht. „Nur 6 Euro im Monat“ sagt die.
Er: „Und dann halt noch 6 Euro pro Monat.“ (Womit wir bei 30jähriger Einlagerung trotz sich ändernder Gebühren wieder bei knapp 2000 Euro sind.)

Er erzählt noch, dass man in den nächsten 100 Jahren bestimmt drauf kommt, wie man Nieren und Haut wachsen lassen kann und dass auch mit 25%iger Wahrscheinlichkeit unser erstes Kind vom Nabelschnurblut des Zweiten profitieren kann. Er erzählt weiter, wie schade es wäre, dass nur so wenige Leute Nabelschnurblut einlagern, weil je mehr eingelagert würde, umso mehr Fälle, wo es was nutzt, gäbe es.

Stellen wir uns nun vor, wir sind im Jahr 2042 und mein Sohn braucht eine neue Niere.

Szenario 1: Wir haben seinerzeit Nabelschnurblut bei einer privaten Blutbank einlagern lassen. Leider sind die Forschungen noch immer nicht so weit, dass man eine Niere aus den Stammzellen herstellen kann. Auch deshalb, weil zwar viel Blut eingelagert wird, aber kaum welches für Forschung zur Verfügung steht.

Szenario 2: Wir haben seinerzeit Nabelschnurblut bei einer privaten Blutbank einlagern lassen. Man kann daraus inzwischen neue Organe wachsen lassen, aber leider waren die Bedingungen für die Einlagerung vor 40 Jahren noch so wenig ausgereift, dass 99 % der damals eingelagerten Proben unbrauchbar sind.

Szenario 3: Wir haben seinerzeit Nabelschnurblut gespendet (z.B. über die DKMS). Das Blut wurde vor 15 Jahren bereits für einen anderen Empfänger verwendet und wir müssen nach ebenfalls geeigneten fremden Stammzellen suchen. Dank der flächendeckenden Entnahme und Einlagerung von Nabelschnurblut, können die passenden Stammzellen gefunden werden und eine Niere wird hergestellt.

Ich kann mir noch unzählige andere Szenarien ausdenken. Treffend zusammen gefasst hat es D.: „Ich kann also entweder kostenlos Nabelschnurblut spenden und wenn mein Kind es braucht, kann es ihm vielleicht helfen. Oder ich kann dafür viel Geld bezahlen und wenn mein Kind Stammzellen braucht, kann ihm vielleicht damit geholfen werden.“ Man weiß einfach nicht, was sich in der Forschung in den nächsten Jahren tun wird. Liest man Zukunftsprognosen von vor 50 Jahren, gibt es welche, die zutreffen und andere, von denen wir noch immer meilenweit entfernt sind. Im Prinzip ist die Nabelschnurbluteinlagerung eine Versicherung gegen den Tod des eigenen Kindes. Nur ist bei einer Versicherung normalerweise klar definiert, was die Versicherungsleistungen sind. Da ist nicht von vielleicht oder vermutlich die Rede. Oder würde jemand gerne folgende Hausratsversicherung abschließen: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in den nächsten Jahrzehnten das Zeitreisen erfunden wird. Sie geben mir nun einmalig 290 Euro und weiterhin 6 Euro jeden Monat und ich werde im Versicherungsfall, falls es möglich sein sollte, in einer Zeitmaschine in Ihre Wohnung reisen und alle wertvollen Gegenstände retten.

Ich ärgere mich, dass mein Arzt mir ein Werbegespräch als Informationsgespräch verkauft. Hätte er mich informieren wollen, hätte er nicht auf eine Nabelschnurbank hingewiesen, sondern auf alle am Markt tätigen. Und er hätte vor allem auch auf die Möglichkeit der kostenlosen Spende eingehen sollen. Aber er weiß ja nicht, dass ich weiß, dass er pro verkaufter Einlagerung eine nette Provision kassiert. Allen meinen Freundinnen soll ich erzählen von den tollen Möglichkeiten der Einlagerung. So, dann mach ich das mal:

Liebe werdenden Eltern,

es gibt die Möglichkeit Nabelschnurblut zu spenden. Das ist kostenlos und völlig ungefährlich und schmerzfrei für Mutter und Kind. Leider ist die Entnahme nicht an allen Kliniken möglich. Ihr könnt Euch bei den zuständigen Stellen, z.B. dem DRK oder der DKMS erkundigen, ob Euer Entbindungskrankenhaus Entnahmestelle ist. Je mehr Nabelschnurblut gespendet wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Euren Kindern damit geholfen werden kann.