Zustände wie im Mittelalter
von alasKAgirlAug 17
Neulich habe ich in einem Forum einen Beitrag eines Mädchens gelesen, die sich wünscht Medizin zu studieren, was ihre Eltern aber nicht erlauben. Sie möchten gerne, dass ihre Tochter Lehrerin wird und sogar die Fächer haben sie schon für sie ausgewählt. Sie schien sich damit abgefunden zu haben, dass sie das nicht selbst entscheiden darf, da sie bei der Einschreibung selbst noch nicht volljährig sein wird. Außerdem wolle sie ja auch mal Kinder, da sei Lehrerin ja schon ok. Ich war schockiert. Ich nehme an die Eltern wollen nur das Beste und wünschen sich einen sicheren Beruf mit gutem Einkommen für ihre Tochter. Aber trotzdem können sie doch nicht einfach über den Kopf ihrer fast erwachsenen Tochter hinweg entscheiden. Irgendwann muss sie ja mal erwachsen werden, eigene Entscheidungen treffen und selbst Fehler machen. Ich kann mir zwar vorstellen, dass es Berufswünsche gibt, die man als Eltern dann doch nicht unterstützen möchte (z.B. It-Girl, Superstar oder Pornodarstellerin), aber was ist gegen ein Medizinstudium einzuwenden? Klar kann sie auch Lehrerin werden, aber man ist doch immer dann besser, wenn man eine Sache auch mit Herzblut tut, weil man selbst es will und nicht, weil jemand anders es bestimmt hat.
Ich dachte dann, ok, ein trauriger Einzelfall. Gestern in der S-Bahn habe ich dann aber ein Gespräch von drei Mädels mit angehört. Sie redeten über die Schule und über Noten. Sie werden nächstes Jahr Abi machen. Die eine erzählte dann, dass sie in Mathe schlecht sei, die aber leider auch für ihr Studium braucht. Sie würde International Business studieren. Im weiteren Gespräch kam dann heraus, dass das der Wunsch ihrer Eltern ist. Und dass diese ihr jetzt schon Druck machen und sie dazu drängen sich zu bewerben. Ich weiß nicht was das für einen Sinn macht, sich ein Jahr vor dem Abi bereits zu bewerben, aber gut. Ihre Freundin meinte dann sie würde auch gerne studieren, aber ihre Eltern erlauben es nicht. Selbst finanzieren kann sie es leider nicht und Bafög gäbe es auch nicht, weil ihre Eltern zu viel verdienen. Da saß ich dann fassungslos daneben. Warum schicken Eltern ihr Kind zum Gymnasium um ihm anschließend das Studieren zu verbieten? Und was soll das überhaupt? Ist das jetzt normal, dass Kindern vorgeschrieben wird, was sie mal werden sollen? Warum sind die Eltern so ängstlich und haben so wenig Vertrauen in ihre Kinder, so wenig Vertrauen in das, was sie den Kindern beigebracht haben? Warum müssen sie alles kontrollieren und durchplanen? Suchen sie dann auch den zukünftigen Partner der Kinder aus? Achnee, das wäre ja dann wie im Mittelalter…
3 Kommentare
Kommentar von Anne am 17. August 2010 um 14:19
Nein, das sind keine Einzelfälle…
Toll auch, wenn jemand studiert, obwohl die Eltern eigentlich eine Ausbildung favorisiert haben, und dann bei kleinen Abweichungen vom optimalen Studienverlauf (Klausurbestehen erst bei der Nachschrift) den schönen Satz „Wär eine Ausbildung nicht doch besser?“ zu hören bekommt – und das bis zum Diplom. In Regelstudienzeit.
Kommentar von Kerstin am 19. August 2010 um 12:58
Ich fürchte, das passiert viel öfter, als es uns lieb ist. Meinen Eltern schwebte für mich etwas anderes als Chemie vor, aber sie haben es mich trotzdem ohne Theater zu machen studieren lassen. Eine Freundin von mir, mit der ich aufwuchs, wollte Biologie studieren. Ihre eltern haben ihrer volljährigen (!) Tochter das nicht erlaubt. Sie hat etwas kaufmännisches gelernt. Schade um das vergeudete Potential, sie hätte das Zeug zur Bioligin gehabt.
Kommentar von AnJu am 19. August 2010 um 14:55
Und was kann man dagegen machen? Bessere Elternaufklärung? Die meisten haben ja dann doch keine Lust die Eltern auf Unterhalt zu verklagen.