Ich war diese Woche auf einem Nachbarschaftsstammtisch. Der findet seit ein paar Monaten regelmäßig statt und endlich habe ich es auch mal geschafft. Eine seltsame Veranstaltung, bei der ich mich etwas fehl am Platz fühlte. Zwischen den ganzen Einfamilienhausbesitzern („Habt ihr auch Probleme mit Mäusen?“, „Sind Eure Fenster auch immer so schmutzig?“), Selbstdarstellern („ICH organisiere dann mal einen Fussballnachmittag für Kinder!“) und übermotivierten Fast-Rentnern („Also Mittwochs treffen wir uns zum Walken.“, „Nächstes Mal kommt dann jemand und hält einen Vortrag über…“) konnte ich mich noch am ehesten mit den jungen Eltern identifizieren. Die sprachen sogar ein konkretes Problem an. Im Bebauungsplan des Wohngebiets waren Kindergarten und Schule eingetragen. Die Schule ist inzwischen fast fertig gebaut. Nur waren wir nicht als einzige überrascht, als mitgeteilt wurde, dass es sich hierbei nicht etwa um eine Grundschule, sondern um eine Berufsschule handelt. Die nächste Grundschule ist über einen Kilometer entfernt. Vermutlich kann man von Grundschülern erwarten  eine solche Strecke zu laufen. Allerdings sind dabei mehrere stark befahrene Straßen zu überqueren und es geht ordentlich bergauf. Die Eltern der schulpflichtigen oder fast schulpflichtigen Kinder haben sich deshalb schon mit Stadt und Landkreis in Verbindung gesetzt. Einen Schulbus wird es nicht geben. Dafür ist die Polizei mit ein paar Kindern den Weg abgelaufen, um ihnen den sichersten Weg zu zeigen. Bei der Überquerung der ersten Straße fiel der Polizei auf, dass die Grünphase der Fußgängerampel kürzer ist als vorgeschrieben. Eigentlich muss man drüberrennen, um nicht die Hälfte der Straße bei rot zu überqueren. Auf die Verkehrsinsel in der Mitte der Straße passen maximal zwei Personen. Hat man die Straße geschafft, läuft man eine Weile auf einem Fußweg, der an zwei Stellen als Ein- und Ausfahrt eines Parkhauses dient. Schlecht einsehbar natürlich. Dann müssen wieder zwei Straßen überquert werden. Teilweise ohne Ampel. Da wo eine Ampel ist, ist sie ungünstig geschaltet. Die vordere Ampel grün, die hintere rot und die Verkehrsinsel winzig. Oder eben umgekehrt. Und dann geht es noch ordentlich den Berg hoch. Kinder brauchen für die Strecke etwa eine halbe Stunde. Unterrichtsbeginn ist teilweise schon um 7:45 Uhr, d.h. die Eltern schicken ihre Kinder um kurz nach sieben aus dem Haus. Im Winter ist es da noch dunkel und der Fußweg in unserem Wohngebiet hat keine Straßenbeleuchtung. Alles nicht so optimal, ich kann verstehen, dass die Eltern besorgt sind. Darüber wurde nun bei diesem Stammtisch diskutiert. Das war ganz herrlich zum Kopfschütteln. „Mir sin des früher au gloffe!“, „Wenn die Leute heute meinen, ihre Kinder könnten mit fünf schon in die Schule gehen, dann sollten sie auch dafür sorgen, dass ihre Kinder dann mit dem Straßenverkehr umgehen können!“, „Die Kinder brauchen doch eh Bewegung!“. Dabei geht ist nicht um die Länge der Strecke und auch nicht darum, die Kinder vom Straßenverkehr fernzuhalten, sondern darum, dass die Situation für Fußgänger in Böbelfingen schrecklich ist. Teilweise steht man einfach auf der Straße, während man auf grün wartet, weil es noch nicht mal Verkehrsinseln gibt. Die Autos fahren oft zu schnell und biegen mal eben noch bei dunkelorange ohne zu schauen ab. Ist uns alles nicht erst einmal passiert.
Bisher ist nur ein Bruchteil des Wohngebiets bebaut. In den nächsten 10 Jahren ist der Zuzug von vielen jungen Familien zu erwarten. Der geplante Kindergarten bietet Platz für 90 Kinder. Aber an eine Schule oder einen gesicherten Schulweg hat niemand gedacht? Der Vorschlag des Landkreises war, die Eltern sollten doch einen Vertrag mit einem Taxiunternehmen machen. Die fahren die Kinder dann zur Schule, für sechs Euro pro Taxi. Macht bei vollbesetztem Taxi also 1,50 pro Kind und Fahrt. Also 60 Euro im Monat pro Kind. Na danke, für mehr als ein Kind, kann man sich das aber nicht leisten. Aber bei unserer durchschnittlichen Verweildauer in einer Wohnung, bin ich guter Dinge, dass wir zum Schuleintritt des Kleinen bereits woanders wohnen.
Das war er also, mein erster Stammtisch. Ich wurde noch belehrt, dass ich mir die Glasscherben auf dem Kinderspielplatz einbilde und am Ende wurden alle zu einem Gruppenfoto genötigt, welches im neuen Flyer veröffentlich werden soll. Selbstverständlich hat niemand gefragt, ob man mit der Veröffentlichung des Fotos einverstanden ist. Ich bin gespannt wie sich das weiterentwickelt.