Wir waren letzte Woche doch tatsächlich in Böbelfingen beim Fasnachtsumzug. Ich hatte mir seit 10 Jahren keinen Umzug angeschaut und D. seit 24 Jahren. Wenn man mit der schwäbisch-alemannischen Fasnacht aufgewachsen ist, dann kann man sich für den halbherzigen Versuch eines Umzugs in KA nicht wirklich begeistern. Deshalb hab ich mir das auch nie angetan. Jetzt mit Kind und mit der wagen Hoffnung, in Böbelfingen ist man schon nah genug dran am Fasnachtsgebiet, haben wir uns das Spektakel mal angesehen. Naja, was soll man sagen. Der Umzug war kurz und hatte mit dem, was ich von daheim gewohnt bin, doch eher wenig zu tun. Mir kam es vor, als wäre der Umzug dominiert von Hexengruppen. Die erste Gruppe hat zwar noch Bobons geworfen (ja, richtig gefährlich diese Hexen), die nachfolgenden Gruppen waren aber annehmbar wüst. Die hatten Stroh dabei, haben Mädels ihre Schuhbendel geklaut und die Beine mit Klebeband zusammengeklebt. Dann kamen ein paar Guggenmusikgruppen, der Fussballverein, ein paar Kinder, einer der OB-Kandidaten, die Brauerei und ein paar Fasnachtsgarden. Der Kleine hat sich das in seinem Kinderwagen mit todernstem Gesicht angeschaut (jaja, Fasnacht ist eine ernste Angelegenheit!). Immer wieder hat er Bonbons geschenkt bekommen und eine Hexe war so nett und hat ihm zwei Hände voll Konfetti in den Kinderwagen gepackt. Als wir dann den Kinderwagen vor dem Haus vom Konfetti befreit haben, hat der Kleine sich kaum noch gekriegt vor Lachen. Den Umzug fand er langweilig, aber Mama und Papa, die Konfetti entsorgen, sind zum kreischen komisch.

Nach dem Umzug ist bei mir aber der Wunsch hochgekommen, doch mal wieder „richtige“ Fasnacht zu sehen. Früher, da waren die Fasnachtstage ja komplett durchgeplant. Mittwochs abends ging’s im Delta mit der Fasnachtsabifete los. Mit nur 2 bis 3 Stunden Schlaf ging’s dann in die Schule. Da war besondere Anwesenheitspflicht. Fehlen durfte man nur mit ärztlichem Attest. Da musste man dann zwei Stunden absitzen, ehe in der Aula die „tolle“ Fasnachtsparty losging und die Narrenpolizei und befreite. Da war eigentlich auch Anwesenheitspflicht, aber außer den Unterstüflern hat sich da niemand dran gehalten. Man durfte das Schulgebäude nämlich verlassen, nur nicht seine Sachen mit raus nehmen. Da wir das aber wussten, hatten wir eben einfach keine Taschen dabei. Besonders lustig war es immer, wenn jemand, der das nicht kannte, neu in die Klasse kam. Ich erinnere mich, wie ein neuer Schüler uns nicht glauben wollte, dass wir verkleidet in die Schule kommen. Er dachte wir wollten ihn verarschen, dass er dann als einziger verkleidet da sitzt. Am Ende ist er gar nicht aufgetaucht. Seine Mutter hat ihn entschuldigt. Er hatte die Nacht kaum geschlafen, weil „die Idioten vom Musikverein schon morgens um fünf“ durchs Dorf gezogen waren. Da konnten wir nur sagen: Willkommen bei der Fasnet, Junge.
Nachdem wir uns dann also von der Schulparty weggestohlen hatten, ging’s auf Tour durch die Banken und zur AOK. Da gab’s nämlich umsonst Sekt, Brezeln und Berliner. Da konnte man dann ein paar Stunden tot schlagen. Wir sind dann meistens noch mal kurz nach Hause gegangen, bevor wir um 14 Uhr beim Kinderumzug an der Straße standen. Da wurde dann wieder ordentlich gefeiert. Donnerstags abends war dann meistens nichts geplant. Der Hemdglonkerball war doch eher für die jungen Jugendlichen. Dafür ging’s dann am Freitag gleich mit dem Highlight weiter. Hexenumzug, Hexenfeuer und Hexenball. Der Hexenball war eine elitäre Angelegenheit. Aufgrund der vielen Hexengruppen vom Hexenumzug waren nur wenige Karten im freien Verkauf. Die wurden dann zwei Wochen vorher verkauft. Da standen wir dann zwei bis drei Stunden in der Kälte um hinterher glücklich unsere Eintrittskarten in den Händen zu halten. Und jedes Jahr wurde erneut gezittert, ob man auch Karten bekäme. Der Ball hat dann aber auch immer Spaß gemacht. Am nächsten Abend war dann Turnerball. Gleicher Ort und besseres Programm als beim Hexenball. Aber das Programm haben wir eh nie angeschaut. Am Sonntag war dann großer Umzug in unserem Kaff und am Abend im Nachbarkaff Turnerball. Am Montag waren wir meistens im Nachbarkaff beim Umzug und am Dienstag beim großen Umzug in Villingen. Den fand ich immer besonders schön und den will ich mir auch unbedingt mal wieder anschauen. Ja und dann ist es ja auch schon vorbei mit der Fasnacht. Mittwochs saßen wir mit dicken Ringen unter den Augen wieder in der Schule. Manchmal haben wirklich Lehrer versucht größere Mengen Hausaufgaben über „die Ferien“ aufzugeben. Zugezogene natürlich! Zu den Pflichtveranstaltungen kamen nämlich noch unzählige Optionen. In Pfohren waren wir mal beim Zunftball und in Grüningen beim Hexenball. An eine Party im Spiegelsaal kann ich mich auch noch erinnern. Jedenfalls war immer viel zu tun und von Ferien konnte da keine Rede sein.

Als Fazit kann ich nur wieder mal betonen: Wer Fasching sagt, der hat noch nie Fasnet gefeiert!