Beratungsgespräch
von alasKAgirlNov 10
Am Samstag war ich mal kurz in Bonn bei einer Geburtstagsfeier. Dort hatte ich das Vergnügen mit einer Unternehmesberaterin zu reden. Ihren Namen weiß ich nicht mal und den Namen ihrer Firma habe ich auch sofort wieder vergessen. Diskutiert habe ich trotzdem gut mit ihr. Angefangen hat’s eigentlich damit, dass ich jemand gesucht habe, der mich über die Bundesligaergebnisse aufklären konnte. Da wusste sie Bescheid. Und dann haben wir weiter geredet und ich durfte die Probleme ihres Alltags kennenlernen. Dass sie dem Hotel nicht ihre Blusen anvertrauen will, weil die die bestimmt kaputt machen beim Waschen, dass man im Flugzeug immer nur Berater trifft (und leider nie Michael Ballack), dass sie ja immer so lange arbeitet, dass sie gerade in einem Seminar gelernt hat, dass sie zuviel lächelt und deshalb ihre Stimme so hoch klänge (und das wirkt inkompetent). Nicht meine Welt, aber mal ganz interessant. Irgendwann meinte sie dann, solche Partys wären perfekt dazu sich im Small Talk zu üben. Muss man ja können. Das fand ich irgendwie seltsam. Da redet man mit jemandem, der einem nach einer Weile mitteilt, dass das jetzt alles nur Training sei für ihn. Naja, gegen später wurd’s dann aber interessanter. Ich habe sie gefragt, warum sie bereit ist ihre Freizeit so komplett für den Job aufzugeben. Ich finde es nämlich nicht wirklich fair, dass diese Beraterfirmen ihren Profit darauf gründen, dass junge Leute sich dafür kaputt machen. Schließlich steht ja im Arbeitsrecht, dass man nicht mehr als 10 Stunden täglich arbeiten darf. Da stand sie dann da, grinste und meinte, „Ja, aber wer soll da denn was machen?“. Müssen sich ja nur alle weigern länger zu arbeiten. Sie erwähnte dann, dass die Arbeit ja dann nicht gemacht würde und das die Projekte immer so knapp geplant wären, das das nicht ginge. Mein Vorschläge waren, anständig Planen und mehr Leute einstellen. Die Gehälter, die die kriegen, lassen sich ja locker auch auf 2 Personen aufteilen. Aber das wollte sie nicht. Dann verdient sie nämlich nicht mehr so unverschämt viel. Das fand ich doch sehr bezeichnend. Wenn sie einmal gesagt hätte, dass ihr Job ihr so viel Spass macht, dass sie gerne 16 Stunden am Tag arbeitet, aber offensichtlich geht’s ihr nur um’s Geld. Später fragte sie mich, wie ich denn zum Bahnhof käme (wohl, weil sie sich ein Taxi mit mir teilen wollte). „Zu Fuß“ fand sie dann wohl etwas abartig. Ich hätte es dagegen abartig gefunden, die paar Minuten mit dem Taxi zurückzulegen.
Der nächste Tag war dann das krasse Gegenteil. Promotionsbrunch mit Physikern. Da waren da viele Leute, die ihre gesamte Freizeit opfern, nicht für Geld (welcher Wissenschaftler wird schon gut bezahlt), sondern für ehrliches Interesse an einer Sache.
2 Kommentare
Kommentar von Tobias am 12. November 2008 um 20:23
Vor kurzem hatte ich ein ähnliches Gespräch mit einer Freundin, die auf dem besten Weg ist, sich für ihre Firma kaputt zu machen. Es ist erstaunlich, wieviele Arbeitsüberlastung als Normalzustand verteidigen. Auf Dauer ist das weder für die Gesundheit noch für die Arbeitsqualität gut. Ich finde es merkwürdig, das einem Gutteil der arbeitenden Bevölkerung das Wohl des Arbeitsgebers anscheinend wichtiger ist als das Aufwachsen der eigenen Kinder.
Kommentar von tumulder am 13. November 2008 um 01:02
Wie lange saßen denn Hans-Olaf Henkel und seine Neoliberale Brut Sonntag für Sonntag bei der Christiansen und jammerten herum wie teuer Arbeit doch in Deutschland sei und das man froh sein sollte überhaupt Überstunden machen zu dürfen? Ist doch klar, daß sich solch eine Schwarzmalerei irgendwann auf die Gesellschaft abfärbt.