Neulich im Fernsehen habe ich gesehen, wie Leute auf der Straße befragt wurden, ob sie denn schon in Weihnachtsstimmung wären. Aber was meinen die eigentlich mit Weihnachtsstimmung? Meinen die das Gefühl, wenn man feststellt, dass der Dezember bald schon halb zu Ende ist und man sich noch keine Gedanken über Geschenke gemacht hat? Diese Panik, die dann aufkommt, wenn man befürchtet, man müsse sich mit zu vielen anderen Menschen gleichzeitig samstags durch die Geschäfte drücken? Oder ist Weihnachtsstimmung das, was man empfindet, wenn man abends noch schnell was besorgen will und sich durch die Masse von Glühweinseligen durch den Weihnachtsmarkt drängeln muss, nur weil der Geldautomat zufällig irgendwo hinter den Häuschen steht? Oder ist es das Unverständnis, dass einen überkommt, wenn man die angebotenen Waren auf dem Weihnachtsmarkt sieht? Jedes Jahr die gleichen Schaffelle, Seifen, Kerzen, Plüschtiere. Ja, die Seife, die finde ich besonders kurios. Da kauft man dann eine teure handgemachte (mit Regenwasser) Seife mit einem Schleifchen drum für mehrere Euro und schenkt sie jemandem, der sie dann sowieso nur fürs Händewaschen nach dem Toilettengang verwendet. Ich zumindest hab keinen andere Verwendung für Seife.

Als ich Kind war, da hatten wir Weihnachtsstimmung. Die ganze Adventszeit bekamen wir bei Kerzenschein vorgelesen, sobald es draußen dunkel war. Am Wochenende gab’s Plätzchenbacken und Plätzchenessen. Manchmal haben wir auch gebastelt. Einmal durften wir Krippenfiguren selbst machen. Die waren aber leider so hässlich, dass wir schon wenige Jahre nach der Entstehung darum gebettelt haben, die Figuren entsorgen zu dürfen, auch wenn die Eltern noch so stolz auf die kindlichen Bastelversuche gewesen sind. An Heiligabend wurde der Baum reingeholt und erstmal unter Gefluche unseres Vaters abgesägt und zugespitzt. Einen Baum kaufen, der ins Wohnzimmer passt, ist nämlich langweilig. Den dann in diesen altmodischen Christbaumständern mit drei Schrauben gerade zu bekommen, war die nächste Herausforderung. Dann durften wir ran und alles an den Baum hängen, was wir wollten. Manchmal wurden wir von Nachbarn oder Bekannten belächelt, weil unser Baum bunt allen Christbaumschmuck enthielt. Holzschmuck, Glaskugeln, Selbstgebasteltes, rote Kugeln, silberne Kugeln, blaue Kugeln, Glitzerketten, usw. Da war keine Linie zu erkennen, keine Farbe im Vordergrund. Danach dann auf den Abend warten. Das war noch Weihnachtsstimmung.

Je älter man wird, umso kürzer hält die Stimmung an. Der Dezember ist zu kurz. Da zwischen Arbeit, Vereinsverpflichtungen, Freunden und allem, was unbedingt dieses Jahr noch erledigt werden muss, Zeit zu finden zu backen oder Kerzen anzuzünden, ist nicht so einfach. Und so fängt Weihnachtsstimmung für mich meistens erst dann an, wenn ich frei habe und nach Hause fahre. Wenn ich endlich Ruhe finde, alte Freunde wiedertreffe und mich freue, dass unser Baum noch immer so bunt geschmückt ist wie früher. Wenn mich also jemand Anfang Dezember nach Weihnachtsstimmung fragt, nur weil die Stadt ihre Lichterketten aufgehängt hat, da kann ich nur den Kopf schütteln.