Manchmal kriegt man im Zug Gespräche mit und kann einfach nicht weghören. Meistens finde ich das nervig, weil mich das vom Schlafen abhält. So auch gestern, als hinter mir drei oder vier Tussen Weiber Mädels ihre Beziehungsprobleme wälzten. Die eine ist von ihren Freund gerade ohne eine Erklärung sitzen gelassen worden. Erst erzählt er ihr noch, dass er sie liebt und plötzlich meldet er sich nicht mehr. Volle drei Wochen. Sie hat alles probiert ihn zu erreichen: voice mail, sms, einfach alles. Und der rührt sich nicht. Fast hätte ich mich umgedreht und sie gefragt, warum sie nicht einfach mal hingefahren ist und geklingelt hat. Das fällt dann wohl nicht mehr unter „alles probiert“. Jedenfalls hat sie nach drei Wochen Leiden eine finale sms geschickt, dass sie’s jetzt kapiert hätte, dass er kein Interesse mehr hat. Allerdings wünsche sie sich eine Erklärung, damit sie nicht weiter im Ungewissen ist. Auf die hat er dann auch geantwortet, sich entschuldigt, dass es ihr schlecht geht und sie gebeten ihn aus ihrem Hirn/Herz/wasauchimmer zu löschen. Ende der Geschichte.
Die Nebensitzerin hatte aber auch einiges zu berichten. Da ich zwischendrin einen Teil verpasst hatte, weiß ich nicht, ob es um ihren Freund ging oder nur um einen, den sie gerne zum Freund hätte. Auf jeden Fall hat sie die volle Zickennummer geschoben. Er hatte ihren Geburtstag vergessen, sie war angepisst, aber statt zu sagen „He, da war ich traurig.“ zickt sie rum, bis sie schließlich rausrückt, dass sie sich über seine Glückwünsche eben besonders gefreut hätte. Was macht er? Er reicht ihr die Hand, um ihr alles Gute nachträglich zu wünschen. Das war ihr dann auch nicht recht und sie zickte lieber weiter, er solle doch einfach zugeben, dass er’s vergessen hat. Hat er dann auch gemacht, aber sie war immer noch sauer. Nächste Szene: sie sind zum Mittagessen verabredet. Sie brezelt sich auf, er verliert kein Wort darüber. Sie ist also schon wieder leicht angesäuert und dann kommt auch noch eine seiner Kolleginnen vorbei, die er herzlich begrüßt. Das Fass zum Überlaufen brachte dann seine vorgeschobene Erkältung um einem Abschiedskuss zu entgehen. Tja, arme Frau, vielleicht hat der Kerl einfach kein Interesse oder wollte nur mal mit ihr ins Bett? Herrlich waren dann die Ratschläge ihrer Nebensitzerin (also die, die von ihrem Freund verlassen wurde). „Ich glaube Du setzt ihn zu sehr unter Druck. Du darfst Dich nicht immer ständig melden und ihm hinterherlaufen, dann kommt er schon von selbst. Männer sind so.“ Soso, Männer sind also „so“. Hat sie bestimmt vom Beziehungsberater Mario Barth. Jedenfalls riet sie ihr ab, für den nächsten morgen ein Frühstück für den Angebeten vorzubereiten. Ehrlich gesagt glaube ich, für ein Frühstück ohne Übernachtung ist der Kerl ohnehin nicht zu begeistern.
Mir gingen die Mädels schon nach ’ner knappen Stunde im Zug auf die Nerven. Da kann ich die Männer schon verstehen.