Ich habe gerade stressige anderthalb Wochen hinter mir. Mein Gleitzeitkonto ist aus den Miesen weit in den Plusbereich geschossen. Ich saß kaum an meinem Arbeitsplatz und hab trotzdem noch einiges weggeschafft. Ich war unterwegs und trotzdem Ansprechpartner für Gäste bei uns im Haus. Seit heute mittag ist es rum und ich laufe schon seit heute morgen mit einem Wochenendgefühl durch die Gegend, dass ich mich schon mehrmals dran erinnern musste, dass morgen auch noch gearbeitet wird. Da kann ich in Ruhe mal den Verwaltungskram der letzten Woche erledigen und mir dann überlegen, wann ich meine angesparten Stunden abgleiten will.

***

Wann ging das eigentlich los mit dieser Fliegerei? Früher hat man sich für Projektbesprechungen früh morgens oder am Tag vorher in den Zug gesetzt und ist nach dem Termin wieder abgereist, so dass man vor Mitternacht wieder zuhause war. Heute setzt man sich morgens in den Flieger und ist zum Abendessen wieder zuhause. Es hat beides Vor- und Nachteile. Ein Flugticket ist heute meist nicht viel teurer als eine Bahnfahrkarte. Im Zweifelsfall spart man aber eine Übernachtung ein. Für einen Fünfstundentermin ist man mit dem Flugzeug (inklusive Anreise per ÖPNV und Rumgammeln am Flughafen) etwa nochmal fünf Stunden unterwegs. Im Zug säße man mindestens doppelt so lange. Und wenn man dann ausrechnet, was so eine Stunde Arbeitszeit kostet, dann ist das Fliegen allemal billiger als Bahnfahren. Das Beste am Fliegen ist allerdings das abends zuhause sein. Schade am Fliegen ist, dass man sowenig Zeit hat. Wenn man am Vorabend mit dem Zug angereist ist, konnte man in der fremden Stadt noch Freunde treffen oder mit den Kollegen oder dem Chef zu Abend essen. Man konnte ein bisschen in der Stadt schlendern. Und in der Bahn hatte man Zeit zum lesen oder ungestört was am Computer zu basteln. Klar ist so eine Zugfahrt anstrengend, aber ich empfinde es immer noch als unwirklich, wenn ich mich morgens zuhause auf den Weg mache, um den Tag in Berlin zu verbringen und am Abend wieder zuhause zu sein. Irgendwie war man dann gar nicht richtig dort.

***

Ich habe eine Geschäftsidee. Man könnte Kinder an Topmanager vermieten. So für ein/zwei Stunden am Tag. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das gegen Burnout hilft. Wenn ich nach einem stressigen Tag von der Arbeit nach Hause komme und dann mit dem Kleinen noch nach draußen gehe, fällt nach kurzer Zeit auf dem Spielplatz aller Stress von mir ab. So ein kleines Kind fordert 100 % der Aufmerksamkeit. Da bleibt kein Platz mehr für die Arbeit. Wenn man sich drauf einlässt, ist das Entspannung pur. Und jeden Abend auf dem Spielplatz denke ich, was das für ein tolles Geschäftsmodell wäre.

***

Am Wochenende wird die Uhr umgestellt. Ich gehöre zu den wenigen Menschen, die sich darauf freuen. Überall hört man das Gestöhne, dass uns eine Stunde geraubt wird. Mir wird hingegen eine geschenkt. Der Kleine wacht im Moment meistens zwischen sechs und halb sieben auf. Manchmal sogar schon vor sechs. Oft noch bevor mein Wecker klingelt. Ist zwar ganz praktisch, wenn man morgens ein bisschen Zeit hat, aber gerade am Wochenende wünscht man sich doch, dass man mal länger schlafen kann. Der Kleine (und die Katzen sowieso) lebt ja viel mehr nach seiner inneren Uhr als ich. Das bedeutet also, während mein Alltag sich schon komplett an der neuen Uhrzeit ausrichtet, richtet der Kleine sich nach seiner inneren Uhr. Für mich bedeutet das, wenn alles gut läuft, dass ich vielleicht auch mal wieder ein Wochenende bis halb acht oder acht schlafen kann. Und der zweite Punkt sind die langen Abende. Es wird nach der Zeitumstellung später dunkel, also kann ich nach der Arbeit mit dem Kleinen noch viel mehr Zeit auf dem Spielplatz verbringen. Ich kriege also Zeit geschenkt.