Es gibt ja so ein paar Dinge, von denen glaubt man im Allgemeinen, man hätte weniger damit zu tun, wenn man nur Söhne hat. Eins davon ist Nagellack. Ich selbst habe gar keinen. Das letzte Mal, dass ich meine Fingernägel lackiert habe, war fürs Wave Gotik Treffen 2000, damit man nach 3 Tagen zelten im Dreck, die dreckigen Fingernägel nicht sieht. Rein praktische Gründe also. Spätestens seit der Herr Gartenhein mit knapp 3 mal versucht hat, den (ungenutzen) Nagellackentferner zu trinken, gab es weder Nagellack noch Entferner in unserem Haushalt. Nun fing der Herr Gartenhein an, sich jeden Tag, vor dem Hausaufgaben machen, erstmal die Fingernägel mit Filzstift zu bemalen. Das fand ich nun nicht so toll, weil er die Finger ja auch gerne in den Mund steckt und dann den FIlzstift wieder ablutscht. Wir haben uns also darauf geeinigt Nagellack zu kaufen. Und das taten wir dann auch. Ich lackierte seine Nägel, erst blau und dann silberglitzernd drüber. Er fand es toll. Der Schlökerich wollte erst auch, dann musste ich den Lack aber gleich wieder runter machen. Wir waren gespannt, wie es in der Schule werden würde und bereiteten ihn darauf vor, dass vielleicht ein paar Kinder blöde Sachen wie „Das ist nur für Mädchen!“ sagen würden. Eigentlich rechnete ich damit, dass er den Lack nur kurz tragen würde. Aber, was soll ich sagen, er geht nun seit Wochen mit Nagellack in die Schule. Inzwischen hat er mehrere Farben und einmal die Woche wird neu lackiert. Seine Freunde haben erst mal gelacht, aber nicht bösartig, sondern so, wie man eben lacht, wenn man etwas sieht, was man nicht erwartet hat. Zwei Jungs in seiner Klasse versuchen ihn wohl deshalb zu ärgern, aber da dreht er sich dann um und schaut woanders hin, sagt er. Obwohl es ihn trotzdem ärgert. Ein Mädchen wollte ihn aufklären, dass Nagellack nur für Mädchen sei. Da fragte er sie, warum denn dann Jungs auch Fingernägel hätten. Ich bin ehrlich beeindruckt, wie selbstbewusst er damit umgeht, in der Hinsicht nicht dem Stereotyp zu entsprechen. Ansonsten orientiert er sich nämlich viel an anderen und erfüllt er viele der Jungklischees: trägt gerne blau und schwarz, steht auf Superhelden, StarWars und Ninjago, spielt mit seinen Freunden am liebsten „kämpfen“, usw.

Der Schlökerich ist da anders und lässt sich oft wenig beeindrucken von dem, was andere sagen. Er trägt gerne seine rosa Socken mit Minnie Maus und seine Lieblingspullis waren lange Zeit der rot-blau-geringelte (sieht von weitem aus wie lila) Raketenpulli von dm und ein furchtbar hässlicher Pulli mit Glitzer und Pferden. Viele der dunklen Sachen seines Bruders mag er nicht anziehen, obwohl da z.B. Spider Man drauf ist.  Seit einiger Zeit wollte er auch seine Haare nicht mehr schneiden. Ich glaube, wir haben die Haare in seinem Leben ohnehin erst zwei oder drei Mal geschnitten. Ich verstehe das sehr gut, weil er tolle Haare hat. Ganz glatt, weich und glänzend. Und wenn er den Kopf schüttelt, dann fliegen sie. Inzwischen reichen die Haare bis auf die Schultern und sind auch vorne inzwischen so lang, dass sie nicht mehr ständig in die Augen hängen. Da die Haare sich nachts gerne verknoten, besitzen wir seit einiger Zeit Leichtkämmspray und eine Anti-Ziep-Bürste. Noch so was, wovon ich dachte, dass ich mit Jungs damit nicht zu tun haben würde. Es hat sich schnell herausgestellt, dass das Leichtkämmspray oder die Sprühkur (beides Alverde) auch für den Herr Gartenhein gute Dienste leisten, um seine Strubbelhaare in Form kämmen zu können. Wir haben dem Schlökerich auch schon Haarspangen und Haarreifen gekauft, aber das lässt er immer nur fünf Minuten drin. Man könnte auch schon einen Pferdeschwanz machen, aber er trägt die Haare am liebsten offen.

Das nächste, was bei uns einzieht und nach landläufiger Meinung eher ein „Mädchending“ ist, sind Bügelperlen. Bisher haben mich die Kombination von tausenden winzigen Perlen und einem Kleinkind abgeschreckt, aber die zwei Großen fragen hartnäckig nach Bügelperlen. Der Schlökerich belegt im Kindergarten monochromatische Herzen, Kreise und Sterne. Der Herr Gartenhein wünscht sich Waffen aus Bügelperlen zu basteln. Von wegen, nur für Mädchen.

Wir lassen unsere Jungs in der Hinsicht machen was sie wollen. Sie können anziehen was sie wollen und spielen was sie möchten, auch wenn andere das vielleicht seltsam finden. Lediglich bei wetterbedingt nicht angepasster Kleidung schreite ich ein. Allerdings auch nicht so vehement wie D. Der Herr Gartenhein wurde schon gefragt, ob wir das mit dem Nagellack erlaubt hätten. Klar, warum auch nicht. Es ist ja nur Nagellack, kein Tattoo. Da kann er ruhig rumprobieren, soviel er möchte.