Normalerweise ist mir Wahlkampf ja herzlich egal. Dieses Jahr haben aber beinahe alle Parteien schon Dinge geäußert, wo es mir ganz anders wird, wenn ich drüber nachdenke. Da geht’s nämlich an unsere Existenz. Die SPD will das Ehegattensplitting abschaffen, die Regierung hat herausgefunden, dass Kindergeld „nutzlos“ ist, das Eltergeld soll neu diskutiert werden, die Opposition will das dann eben erst eingeführte Betreuungsgeld wieder abschaffen. Die Abschaffung des Elterngelds wäre bei uns die definitive Entscheidung gegen ein drittes Kind. Ohne Ehegattensplitting und Kindergeld hätten wir fast 700 Euro weniger jeden Monat. Betreuungsgeld würden wir auch kriegen, aber damit rechne ich ja kaum noch.

Ich kenne die Argumente gegen das Ehegattensplitting. Alleinerziehende werden benachteiligt und Ehepaare ohne Kinder begünstigt. Ja, das ist ungerecht. Aber trotzdem ist es kein Grund das ganze System Ehe und Familie gleich abzuschaffen. Wenn sich zwei (oder im Fall einer Familie noch mehr) Personen dazu entscheiden, die finanzielle Verantwortung füreinander zu übernehmen, ist es nur sinnvoll und gerecht, das Einkommen der Personen gemeinsam zu betrachten. Auch bei der Steuer. Oder kann man dann auch Sozialleistungen unabhängig vom Ehepartner beantragen? Einer mit Vorstandsgehalt, der andere Hartz 4? Aber da wird das Einkommen dann schon im Falle einer eheähnlichen Gemeinschaft gemeinsam betrachtet.

Was genau ist denn der Nutzen des Kindergeldes, der nicht erfüllt wurde? Kriegen die Leute nicht mehr Kinder, weil die FDP großzügig das Kindergeld um zehn Euro erhöht hat? Ich glaube, jeder der ein Kind kriegt und meint, dass die 180 Euro Kindergeld ausreichen um den Lebensunterhalt eines Kindes zu decken, wird sich spätestens beim ersten Winterschuhkauf ganz schön umschauen. Auch eine Betreuung für Unterdreijährige gibt es wohl nirgendwo für weniger als 180 Euro. Trotzdem sind viele Familien auch auf das Kindergeld angewiesen.

Und das Betreuungsgeld. Ich weiß, dass damit auch die unterstützt werden, die es eigentlich nicht nötig haben. Und klar wäre es auch schön, wenn die Kinderbetreuung besser ausgebaut würde. Aber ich finde, das muss kein entweder-oder sein. Und solange das System Kindergarten und Grundschule in Deutschland so sehr auf der Mitarbeit von Eltern angewiesen ist (Kuchen backen, bei Ausflügen begleiten, Vorlesen, Hausaufgaben überwachen  und und und), die den ganzen Tag verfügbar sind, kann man diese Eltern dafür auch mal vergüten.

Die Abschaffung von Ehegattensplitting und/oder Kindergeld würde uns zu Empfängern von Sozialleistungen machen (z.B. Wohngeld). Und das, obwohl mein Gehalt sich in der TV-L Tabelle im oberen Viertel befindet. Wie viele Familien wären dann plötzlich „arm“? Und macht das wirklich Sinn, wenn mir die Euros, die ich mehr Steuern bezahle, dann gleich als Wohngeld und Bildungs- und Teilhabeleistung wieder ausgezahlt werden. Macht nur mehr Papierkram für mich und die Behörden. Am wichtigsten finde ich aber, dass es für einen Staat doch wirklich erbärmlich ist, wenn er seine eigenen Angestellten so schlecht bezahlt, dass sie ergänzend Sozialleistungen erhalten müssen um ihre Familien zu ernähren. Aber wahrscheinlich werden die Sozialleistungen dann als nächstes abgeschafft. Jeder ist für sich selbst verantwortlich und wer Kinder kriegt ist selbst Schuld. Rosige Aussichten… nicht.