Wenn man täglich Zug fährt gibt es viele Dinge, die einem auf die Nerven gehen. Als ich mit Pendeln angefangen habe, haben mich die Durchsagen an jeder Haltestelle genervt. „Meine Damen und Herren, in Kürze erreichen wir…“. Die Anschlussmöglichkeiten in Mühlacker interessieren mich nämlich herzlich wenig. Inzwischen kann ich das einfach ausblenden, es sei denn ich sitze direkt unter dem Lautsprecher. Was mich dagegen immer noch nervt, ist, dass der Schaffner dann wenn’s ihm passt zum Fahrkarten kontrollieren vorbei kommt. Besonders schlimm ist es, wenn er morgens so spät erst kommt, dass es sich danach nicht mehr lohnt noch mal die Augen zu zu machen, aber noch so früh, dass der Bahnhof noch nicht zu sehen ist.
Wirklich nervig ist auch, wenn man mal wieder knapp zum Zug kommt und einem von der Anzeigetafel „heute leider ohne Wagen 10“ entgegenleuchtet. Dann gibt’s nämlich nicht genug Sitzplätze. Und vor allem ist das „heute“ meist gelogen. Letzte Woche fuhr mein Zug ganze dreimal in Folge „heute leider ohne Wagen 10“. Und als ich am nächsten Tag dann eine Stunde später gefahren bin, fuhr der Zug „heute leider ohne Wagen 255“.
Auch nicht viel besser ist die Anzeige „Ersatzzug“. Als Ersatzzug werden nämlich meistens alte 1.Klasse-Wagen als 2.Klasse eingesetzt. Im Prinzip nicht schlecht, aber dann gibt es weniger Sitzplätze pro Wagen. Und das bedeutet meist, es gibt keinen Sitzplatz für mich.
Aber der größte Feind des Pendlers ist der Reisende! Reisende haben viel Gepäck dabei, lassen das im Gang oder auf dem Sitz stehen, weil sie nicht damit rechnen, dass der Zug so voll wird. Oder sie legen ihre Jacken und Taschen neben sich ab und schauen noch genervt, wenn man sie bittet den Platz frei zu machen. Reisende laufen planlos durch den Zug, weil sie nicht damit gerechnet hatten, dass im Abschnitt A die erste Klasse hält. Reisende halten den Schaffner auf. Die Pendler mit den Zeitkarten sind in kürzester Zeit kontrolliert, aber die Reisenden, die packen die Fahrkarte dann aus, wenn der Schaffner schon daneben steht. Der möchte die BahnCard dazu sehen, also wird nochmal in der Tasche rumgekramt. Oder besser noch, der Reisende hat ein Onlineticket. (Ok, ich nutze auch Online-Tickets, wenn ich reise, aber ich weiß zumindest, dass Pendler davon genervt sind.) Da muss der Schaffner erstmal sein seltsames Allzweck-Fahrkartendingsbums bemühen, den Code einscannen, die Karte durchziehen, drei mal ok klicken, das Allzweck-Fahrkartendingsbums wieder wegpacken und dann noch umständlich den Zettel abstempeln. Und dann haben die Reisenden am Ende noch blöde Fragen. „Auf welches Gleis muss ich dann? Wielange hab‘ ich Zeit zum umsteigen?“ Man, das steht alles im Faltblatt „Ihr Reiseplan“ oder bestenfalls sogar auf der Fahrkarte. Und währenddessen sitz ich da, habe bereits seit fünf Minuten meine Fahrkarte in der Hand und will die nur schnell wieder wegpacken können um weiter zu schlafen. Belustigend finde ich es allerdings, wenn Reisende mit der falschen Fahrkarte im Zug sitzen und im schlimmsten Fall komplett nachlösen müssen. Die ewig gleichen Diskussionen: „Aber ich hab‘ doch extra gefragt.“, „Heute morgen ging’s doch auch.“, „Das stand nirgends!“. Doch, das steht auf der Fahrkarte, das heute morgen war mit Sicherheit ein Regionalzug und es hat bestimmt niemand behauptet, das sei der richtige Zug. Also nochmal zum Mitschreiben: Regionalzug – ROT, Fernverkehrszug – WEISS.
Während Pendler meist ruhigen Beschäftigungen wie lesen, arbeiten oder schlafen nachgehen, unterhalten sich Reisende gerne, entweder mit ihren Mitreisenden laut gackernd oder sie versuchen einem Pendler ein Gespräch aufzudrücken. Pendler sind aber sehr seltsame Kreaturen und im Pendelumfeld äußert unkommunikativ, werden also nicht gerne von anderen angesprochen. Nachdem die Reisenden einen dann mit ihren Geräuschpegel genervt haben, springen sie auch noch sofort bei der Ansage ihres Zielbahnhofs auf, kruschteln ihre Sachen zusammen und stellen sich an die Tür. Das schafft Unruhe, denn Pendler schauen bei der Ansage nur kurz aus dem Fenster, stellen fest, das draußen gerade mal Grötzingen vorbei rauscht und widmen sich wieder ihren Aktivitäten. Aufgestanden wird bei Einfahrt in den Bahnhof. Allerdings gibt es auch noch die Reisenden, die im Faltblatt nachgelesen haben, dass der Zug eine Viertelstunde im Bahnhof steht, bevor er wieder zurück fährt. Die stehen dann erst ganz spät auf und suchen ihr Zeug erst zusammen, wenn schon fast alle ausgestiegen sind. Das führt dann dazu, dass der Strom der Aussteigenden abreißt und von draußen schon die ersten reindrängen. Mitten im Menschenstrom von beiden Seiten steht dann der Reisende mit seinem Koffer und bahnt sich mit Panik in den Augen und viel Gewalt den Weg nach draußen.
Das alles müsste nicht sein, wenn die Bahn endlich mal meine grandiose Idee verwirklichen würde, die Reisende und Pendler im Zug räumlich trennt. Ich wünsche mir Wagen, die nur mit Zeitkarte betreten werden dürfen, in denen es keine Ansagen über Unterwegsbahnhöfe gibt und die Fahrkartenkontrolle immer sofort beim Einsteigen automatisch durch Abscannen eines Strickcodes erfolgt. Das wäre doch mal was.