Eigentlich wollte ich ja nichts schreiben über den Amoklauf, obwohl der ja quasi vor unserer Haustür passiert ist. Eigentlich finde ich nämlich, dass sowieso zuviel und vor allem zuviel Mist darüber geredet wird. Dummerweise habe ich dann gestern Spiegel TV gesehen, wo das Thema besprochen wurde. Da wurde erzählt, dass er Gewaltcomputerspiele gespielt hat und mit Softairwaffen geschossen. Und irgendwann konnte er dann nicht mehr zwischen Realität und Spiel unterscheiden. Was soll denn der Mist?! War er nur ein bisschen verwirrt und hat nicht gemerkt, dass die Leute wirklich bluten oder wie? Warum wird immer ausgeschlossen, dass er sehr wohl wusste, was er tat und auch im vollen Bewusstsein, dass es kein Spiel ist, gehandelt hat? Ich hasse diese Argumentationen von irgendwelchen Journalisten, die keine Ahnung haben und nur das verbreiten, was die Leute hören sollen. So darf jetzt wieder über die bösen Gewaltspiele diskutiert werden, aber darüber, was einen jungen Menschen tatsächlich zu soetwas bringt, wird wieder nicht geredet. Vielleicht sollten mal mehr Leute berichten, deren Schulzeit nicht schon über 25 Jahre her ist. Vielleicht könnten die besser beschreiben, wie die Atmosphäre an den Schulen ist. Es gibt nämlich Leute, die sind wirklich Arschlöcher. Und wenn man sich mit denen tagtäglich auseinandersetzen muss und auch noch am kürzeren Hebel sitzt, macht sich irgendwann Verzweiflung breit. Einerseits hat er ja erreicht, was er wollte. Man redet über ihn. Aber es werden nicht die richtigen Themen angesprochen. Warum sieht jeder nur den computerspielenden Softairschütze, aber niemand sieht, dass hier jemand was loswerden wollte. Und zwar in einer Lautstärke, dass es jeder hört. Ich kann mich erinnern, dass auch ich in der Pubertät Gespräche mit Freunden geführt habe über das Lehrer umbringen. Zum Einen natürlich im Scherz, aber in jedem Scherz steckt ein Kern Wahrheit. Wir waren sogar in der 7. Klasse schon so abgebrüht, dass uns klar war, dass die Tat jemand begehen muss, der noch 13 ist. Sonst verbaut man sich ja unter Umständen sein Leben. Zum Anderen haben wir aber auch konkret darüber gesprochen, dass wenn man schon beschließt, seinem Leben ein Ende zu setzen, dass es dann nur fair ist, noch ein paar Leute, die dafür verantwortlich sind, dass man zu dem Schluss gekommen ist, mit zu nehmen. Damit kann man dem eigenen Tod einen Sinn geben, weil man andere Leute davor beschützt durch die gleichen Personen das gleiche Leid zu erfahren. Ich glaube nicht, dass solche Gespräche und Gedanken ungewöhnlich sind für Teenager. Deswegen finde ich auch alles, was zur Früherkennung geforscht wird, lächerlich. Mich hätte man problemlos auch als potentiellen Amokläufer einsortieren können. Wir haben auch unsere Lehrer am Computer getötet und haben auch Egoshooter gespielt. Trotzdem hab‘ ich niemanden umgebracht. Deshalb sollte man sich vielleicht nicht fragen, was hat der Amokläufer in seiner Freizeit getrieben, sondern was wurde ihm im Alltag angetan.