Wir haben Lost gesehen. Alle sechs Staffeln in einem Monat. Effektiv an 27 Tagen, wenn man die Tage in der Kinderklinik abzieht. Macht einen Schnitt von etwa viereinhalb Folgen pro Tag. Ganz ordentlich, oder? Sechs Jahre damit zu warten, eine Serie anzuschauen, ist vielleicht seltsam, aber auf jeden Fall besser als jedes Jahr auf die neue Staffel zu warten. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Fans, die sechs Jahre damit zugebracht haben, über alles zu spekulieren, über das Ende enttäuscht sind. Ich fand das Ende ok. Auch, wenn ich mir ein Ende gewünscht hätte, dass zwar alles aufklärt, aber einen alles Gesehene in Frage stellen lässt. (Nein, ich habe keinen Vorschlag, was das hätte sein können. Und dem Alternativvorschlag eines enttäuschten Fans, die Insel sei von Außerirdischen gemacht, kann ich nur mit Kopfschütteln begegnen. War das jetzt doch gespoilter, dass Aliens nichts damit zu tun haben?) Aber es ist eben eine amerikanische Serie für ein breites Publikum. Das ist kein David Lynch, wo man am Ende mit einem Riesenfragezeichen im Gesicht da steht. Vielleicht ein paar kleine Fragezeichen, aber es bleibt wenig Spielraum für Interpretationen. Es ist eben, wie auch so oft in amerikanischen Filmen, dass sich am Ende einer hinstellt und einem erläutert, was das alles bedeutet, auch wenn man vielleicht selbst schon drauf gekommen ist. Schließlich soll’s ja auch jeder verstehen. In der Hinsicht war die ganze Serie zuschauerfreundlich. Manchmal war es verwirrend und manchmal hat man eine Weile auf Aufklärung gewartet, aber man musste sich nie wirklich konzentrieren, um der Handlung folgen zu können. Wenn Charaktere wieder eingeführt wurden, die man vorher schonmal gesehen hat, wurde man in einer vorangegangenen Folge oder zur Beginn der Folge daran erinnert. „Und wer war das jetzt?“-Momente waren relativ selten. Ist aber auch gut so. Ich denke, über 80 Stunden David-Lynch-Style würden einem den Verstand rauben.
Lustig fand ich, dass relativ am Anfang mal thematisiert wurde, dass bei Raumschiff Enterprise immer irgendwelche unbekannten Crewmitglieder auftauchen, um dann in der gleichen Folge zu sterben. Genau so ist es nämlich bei Lost auch. Jedes Mal, wenn die Frage aufkommt „Wer ist das jetzt eigentlich, der da plötzlich dabei steht?“ ist die Antwort „Ach, ein Statist. Der stirbt bestimmt gleich… oh, schon tot.“
Mir hat die zweite Staffel am besten gefallen. Die erste Staffel hatte manchmal Längen, die mit unnötigen typischen Seriengesprächen gefüllt wurden. Das waren dann die Momente in denen man dachte „Jetzt muss ich wirklich noch über 100 Folgen anschauen, bis ich weiß, was das alles soll?!“ Die zweite Staffel war dann deutlich komprimierter. Und danach ist an Aufhören ohnehin nicht mehr zu denken.
Es bleibt nur die Frage: was schauen wir jetzt?