Heute morgen musste ich aus irgendeinem Grund an die alten Kinderspiele denken, mit denen wir uns früher die Sommerabende vertrieben haben. Wir hatten ja das Glück mit einer Horde anderer Kinder aufzuwachsen. Besonders toll war es, wenn dann sogar „die Großen“ mit uns gespielt haben. Deshalb waren wir auch manchmal gnädig und haben „die Kleinen“ mal mitspielen lassen. Mit vielen Leuten haben sich immer diese Rennspiele angeboten, also „Kaiser welche Fahne weht heute?“ oder „Fischer wie tief ist das Wasser?“. Davon gibt’s ja noch unzählige andere. Alle funktionieren eigentlich gleich. Einer steht der Gruppe Kinder in einigem Abstand gegenüber. Die brüllen dann eine Frage und der einzelne brüllt eine Antwort, die beinhaltet, wer unbeschadet auf die andere Seite laufen kann. Dann rennen alle los und der einzelne fängt sich Leute. Dazu gehört ja auch das Spiel „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“. Der allseits bekannte Dialog vor dem Losrennen geht ja folgendermaßen: „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“-„Niiiieeemand!“-„Und wenn er kommt?“-„Dann laufen wir!“. Komischerweise war bei uns die letzte Antwort immer „Dann kommt er halt.“ Niemand außer uns kennt das so. Ob das wohl die intellektuelle Erziehung war, die uns schon damals darauf gebracht hat, dass man keineswegs vor einem schwarzen Mann davonlaufen muss?
Die Akademikereltern haben auch an anderen Stellen manchmal durchgeschienen. Bei einem Spiel wurde ein Kreidekreis auf die Straße gemalt und gleichmäßig aufgeteilt. Dann durfte sich jeder ein Land aussuchen, dass er spielen möchte. Der Frood, damals noch Grundschüler, hat sich die Färöer Inseln ausgesucht. Man kann ja vermuten, dass die ausgezeichneten Geographiekenntnisse zumindest teilweise in seinem Interesse für Fußball begründet waren.
Die Frau aus Lö hat sich aber auch mal mit besonderem Wissen hervorgetan. Irgendwie hatten wir Stadt, Land, Fluß zu so einem Laufspiel umgewandelt. So genau weiß ich nicht mehr wie das ging. Einer stand den anderen Gegenüber und brüllte z.B. „Ein Land mit S!“. Wenn dann jemand eins wusste, hat er das gepöbelt und dann sind beide losgerannt und einer sollte schneller als der andere sein. Die Frau aus Lö stand dann also da und murmelte „Südkorea“. Sie wollte nicht rennen, hat es also leise gesagt. Südkorea. In der Grundschule (ok, vielleicht war es auch schon in der 5. Klasse). Kein Wunder, dass sie inzwischen Frau Dr. ist. Das lustigste daran war aber, dass ihre kleine Schwester das Gemurmel hörte und dann aus vollsten Hals „Südkurier“ schrie und losrannte. Der Südkurier, muss man dazu sagen, ist eine der Tageszeitungen in unserem Heimatort. Da war das Gelächter groß.

Einige Fragen stellen sich mir doch immer wieder. Spielt man eigentlich noch „Wir kommen aus dem Mohrenland (oder Morgenland?)“? Wir haben das sogar in der Schule mit unserer Lehrerin gespielt. Die Gruppe Kinder kommt zum König, der gegenüber steht, gehüpft und singt. Der Text ging so: „Wir kommen aus dem Mohrenland, die Sonne hat uns schwarz gebrannt. Wir sehen aus wie Mohren, haben sooooo lange Ohren.“ Dann sagt der König irgendwas in der Art „Lumpengesindel seid ihr!“ woraufhin sich die „Mohren“ verbeugen und „Ehrliche Leute!“ versichern. Dann führen sie ihm vor, was sie können und wenn er das Handwerk erraten hat, dann wird gerannt. Aber das ist ja sowas von politisch unkorrekt, das wird doch bestimmt nicht mehr gespielt, oder?
Eine weitere Frage, die ich bisher nicht lösen konnte, ist, warum haben wir den Ort, an dem man beim Fangen spielen sicher war, „Botte“ genannt. Wo kommt das her und was bedeutet es?
Und was fanden wir eigentlich an „Fritzle du stinksch!“ so lustig?