Es ist eben doch was anderes auf Facebook mal eben „gefällt mir“ zu klicken als sich tatsächlich für etwas zu engagieren. Da ist sie nun, diese vielgenannte Pro-Guttenberg-Gruppe bei Facebook. Über 310.000 Mitglieder hat sie. Das heißt, dass über 310.000 Facebooknutzer auf „gefällt mir“ geklickt haben. Macht man sich die Mühe (oder den Spaß) die Kommentare in der Gruppe zu lesen, so fällt auf, dass ein erheblicher Teil auch von Guttenberg-Gegnern stammt. Um Mitzudiskutieren muss man nämlich „gefällt mir“ klicken. Das bedeutet nun, dass die 310.000 Mitglieder keineswegs 310.000 Guttenberg-Unterstützer sind, wie es in der Presse immer wieder dargestellt wird. Als nächstes fällt auf, dass die Guttenberg-Fans wenig Argumente vorzubringen haben. Sie zitieren die Bibel („Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“) und erwähnen den Neid, den man sich hart erarbeiten muss. Sie reden von linken Zecken, von linker Hetze und von sozialistischer Presse. Sie fordern, „alle anderen“ Doktorarbeiten auch mal zu überprüfen, wobei sie selten darauf eingehen, welche anderen Doktorarbeiten sie den meinen. Tatsächlich hindert sie niemand daran, „alle anderen“ Doktorarbeiten zu überprüfen. In der Regel sind Doktorarbeiten in geeigeneter Form der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das bedeutet, jeder kann sie lesen und natürlich steht auch jedem frei Passagen daraus zu googeln. Außerdem sprechen sie davon, dass Guttenberg bitte nach seiner politischen Leistung bewertet werden soll und nicht nach einer Doktorarbeit, die ja „eh kein Mensch braucht“. Er habe Großes getan für Deutschland. Auf Nachfragen, was genau er denn getan habe und was seine politische Leistung ist, kommt nichts. Immer wieder wird drauf hingewiesen, er brächte „frischen Wind“ in die Politik. Erstaunlicherweise wird Menschen die Fähigkeit, frischen Wind irgendwo hinein zu bringen, angedichtet, sobald sie einfach nur jung sind (also unter 40). Jung sein bedeutet aber nicht zwangsläufig auch frischen Wind mit zu bringen. Und frischer Wind und konservative Politik passt ohnehin nicht so gut zusammen. Wenn ihnen dann nichts mehr zu Guttenberg einfällt und auch die Bibelzitate alle sind, weisen sie darauf hin, es sollten doch mal die „wirklichen Probleme“ in Deutschland gelöst werden. Selten werden sie konkret, was denn die „wirklichen“ Probleme sind. Manchmal werden die hohen Spritpreise genannt. (Da bin ich dann doch irgendwie froh, dass wir keine Probleme außer teurem Benzin haben.) Um aber auf das Engagement der Facebookuser zurückzukommen. In regelmäßigen Abständen kann man lesen „man sollte doch mal die Doktoarbeiten überprüfen“, „man müsste auch eine Unterschriftenaktion starten“, „kann nicht jemand eine Demo organisieren?“. Und jedesmal ist man versucht zu antworten „Mach doch!“. Aber dafür müssten sie sich ja vom Computer weg bewegen und eigentlich kommt ja nachher die Lieblingsserie und sowieso müssen sie zur Arbeit und ausgeschlafen sein. Da bleibt keine Zeit eine Revolution zu organisieren. Und so richtig seinen eigenen Name irgendwo für hergeben möchte man ja doch auch nicht. Das ist auch der Grund, warum eine dilettantisch organisierte Online-Petition der Pro-Guttenbergler gerade mal 14 Unterschriften hatte (und inzwischen gelöscht ist), wohingegen der offene Brief der Doktoranden aktuell über 50.000 Unterschriften vorweisen kann (übrigens auch meine). Und das ist dann der Unterschied zwischen denen, die „gefällt mir“ klicken und denen, die ein wirkliches Anliegen haben und sich dafür engagieren. Das ist der Grund, warum der Mitgliederstand irgendwelcher Facebookgruppen überhaupt nie eine Aussagekraft und schon gar keine politische Relevanz hat.