Im Moment wird in der Muttiblogosphäre ja mal wieder die Grundsatzdiskussion Vollzeitmama vs. Karrieremama geführt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig sachlich diese Diskussion geführt wird. Die Vollzeitmamas wettern gegen die Mütter, die ihre Kinder in „Einrichtungen“ abgeben um sich selbst zu verwirklichen und die Karrieremamas keifen die Vollzeitmamas an, dass sie ja nur zuhause die Füße hochlegen und ihren Kinder die Möglichkeit nehmen mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen. Jede argumentiert nur vom eigenen Standpunkt aus, ohne mal über den Tellerrand zu schauen. Da wird aus der Abneigung des eigenen Kindes gegen die Kita eine allgemeine seelische Schädigung von Kindern in der Kita gefolgert. Und wer das Gegenteil behauptet, der redet es sich nur schön. Tatsächlich sind aber nicht alle ehemaligen Kitakinder der Ex-DDR seelische Wracks. Genausowenig wie die zuhause erzogenen Kinder alle noch mit 40 zuhause bei Mami leben. Die ganze Diskussion ist von der eigenen Unfehlbarkeit und ein bisschen auch von Neid geprägt. Die Mütter, die an einem sonnigen Tag im Büro sitzen, wünschen sich vielleicht auch, jetzt einfach mit den Kindern im Garten sitzen zu können und den Haushalt auf den Abend zu verschieben. Und an langen Regentagen mit quengeligen und/oder kranken Kinder, wünscht sich so manche Hausfrau vielleicht, sie könnte jetzt auch im Büro mit den Kollegen gemütlich einen Kaffee trinken. Aber, weil keine auch nur den geringsten Zweifel an ihrem eigenen Lebensmodell aufkommen lassen möchte, sagt sie zur anderen statt „Du hast es gut“ einfach „Du machst es Dir einfach“. Und den Satz mit der Selbstverwirklichung hasse ich am meisten. Warum verwirklichen sich nur die Frauen selbst, die arbeiten gehen. Genauso kann man den Vollzeitmamas vorwerfen, sie würden sich als Hausfrau und Mutter selbst verwirklichen, auf Kosten der Gesellschaft, unserer Rente und wer weiß was noch. Und nur mal so, ich fühl mich selbst schon jetzt ganz schön wirklich, zuhause auf dem Sofa wie bei der Arbeit vorm PC. Was brauch ich da noch an Selbstverwirklichung? Und wenn, dann mach ich eben ein Jodeldiplom. Vielleicht sollten wir alle einfach akzeptieren, dass alle Familien unterschiedlich sind. Es gibt keine Idealfamilie und nicht jedes Lebensmodell passt für jeden. Nicht jedem Mensch sind die gleichen Dinge wichtig und jeder setzt seine Prioritäten anders. Vielleicht sollte mal aus „Ich mach das so und jeder sollte es so machen“ „Ich mach das so. Wie machst Du das?“ werden. Und vielleicht sollte man auch nicht hinter jeder Frage einen versteckten Vorwurf vermuten. So kann die Frage „Gehst Du dann wieder arbeiten, wenn Dein Kind in den Kindergarten geht?“ ebenso wie die Frage „Kommt Dein Kind in der Kita klar? Vermisst es Dich nicht?“ einfach nur aus Interesse gestellt worden sein und stellt keine Kritik am eigenen  Lebensmodell dar. Und deswegen verlangen die Fragen auch keine Rechtfertigung.