Das mit den Autos
von alasKAgirlMai 7
Als wir noch in KA wohnten, kannte ich wenig Leute mit eigenem Auto. Sogar Leute mit gutem Einkommen verzichten darauf. Und wer doch ein Auto hat, der nutzt es selten, weil man mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln meistens besser bedient ist. Seit wir in den Großraum Stuttgart gezogen sind, werden wir permanent mit großen Augen angeschaut, wenn wir erzählen kein Auto zu haben. Besonders beliebt ist die erstaunte Nachfrage „Ja, gar keins?“ Nein, gar keins. Oder doch, viele kleine Spielzeugautos und ein Bobbycar. Neulich kam ich mit Kollegen wieder darauf, als sie das Problem erläuterten, dass die Klappboxen immer im falschen Auto oder zuhause sind, wenn man mit dem Einkäufen ratlos vorm Auto steht. Ich erzähle dann immer, das wir das Problem so nicht haben. Gerne werden wir dann gefragt, wie wir Getränke kaufen. Ganz einfach, wir tragen die. Klar kommt es oft vor, dass wir dann vier Liter Milch, vier Liter Saft und neun Liter Sprudel nach Hause tragen müssen (dazu evtl. dann noch 2 kg Karotten, 1kg Mehl, 1 kg Äpfel und der restliche übliche Einkauf). Aber ein paar Liter passen unten in den Kinderwagen. Und ansonsten habe ich eben einen Mann mit sehr muskelbepackten Armen (ganz ohne Fitnessstudio). Wir laufen ungefähr zehn Minuten zum Aldi oder Rewe. Die Entfernung ist gerade noch annehmbar. „Wir können ohne Auto nicht einkaufen, weil es bei uns gar keinen Laden gibt.“ Auch das hört man oft. Ich versuche dann zu erläutern, dass man eben anders planen muss, wenn man sein Leben ohne Auto gestalten möchte. Wir haben uns eine Wohnung gesucht, von der aus ich mit der S-Bahn direkt zur Arbeit fahren kann. Ohne umsteigen und vor allem ohne den Bus zu benutzen. Busverbindungen sind oft nur halbstündig und wenn die S-Bahn zu spät kommt, verpasst man den Anschluss. Bis zu zwanzig Laufminuten zur S-Bahn-Haltestelle wären akzeptabel gewesen (aktuell habe ich 6 Minuten). Das nächste Kriterium waren dann die Einkaufsmöglichkeiten. Wo gibt es Lebensmittel, wo einen Drogeriemarkt. Auch hier sollte die Laufentfernung nicht mehr als fünfzehn Minuten sein, wobei natürlich vor allem die Lebensmittel wichtig sind. Auch ist wichtig, wie die Wohnung bezüglich der Einkaufsmöglichkeiten liegt. Es ist vielleicht schön auf dem Berg zu wohnen, aber es ist sehr ungeschickt, wenn man die 17 Liter Getränke da hoch tragen muss, bzw. hoch schieben, zusätzlich zum 14 kg Kind. Wenn mir also jemand erzählt, er bräuchte das Auto, weil er ohne Auto nicht einkaufen kann, dann sage ich nur, er hätte auch eine andere Wohnung wählen können. Vermutlich ist unsere Wohnung teurer als eine in einem Kaff ohne Einkaufsmöglichkeit. Die Anschaffung und Haltung eines Autos wäre aber noch teurer. Leider mussten auch wir lernen, dass das Leben im Großraum Stuttgart ohne Auto lange nicht so einfach ist, wie in KA. Z.B. können wir hier nicht ohne Auto zum Tierarzt. Deshalb nutzen wir immer wieder mal das Carsharing. Insgeheim wünsch ich mir manchmal ein Auto, aber noch schöner wäre es, wieder in einer weniger autofixierten Umgebung zu leben.
2 Kommentare
Kommentar von enitsirhc am 7. Mai 2011 um 15:29
Da sprichst du mir aus der Seele. Vor kurzem hab ich eine Erfahrung gemacht, als das Thema darauf kam, dass man ja auch ohne Auto leben kann (wir haben auch keins). Da kam die Geschichte vom Kollegen auf, der jeden Tag mit den Öffentlichen 3 oder 4 Stunden fahren müsste weil er ja in Kaff x wohnt und die Verbindungen zur Arbeitsstelle in Kaff y sooo schlecht sind! Da kam mir gleich in den Sinn: warum wohnt er dann in Kaff x? Habe ich dann nicht ausgesprochen denn ich bin mir sicher das wäre auf wenig Verständnis gestoßen. Viele halten es für eine Zumutung, sich die Wohnung so zu suchen, dass sie gut mit dem ÖPNV zur Arbeit kommen. Aber sich zu Tode suchen, weil man mindestens zwei Parkplätze zur Wohnung braucht und dann bitte auch mindestens einen davon in der Tiefgarage, das wird als normal angesehen. Autofixiert ist da das richtige Wort glaube ich und im Raum Stuttgart habe ich das auch als sehr ausgeprägt erlebt. Seit ich dort raus bin fällt es mir weniger oft auf.
Noch eins fällt mir ein: meine Mutter erzählte irgendwem Bekannten dass ich jetzt ja Berufsanfängerin bin und weggezogen. Kam die Antwort „ach schön, dann kann sie sich jetzt ja ein Auto leisten!“
Viele Grüße
enitsirhc
Kommentar von AnJu am 9. Mai 2011 um 09:03
Haha, sehr gut. Als wäre es das erste Ziel, sich ein Auto leisten zu können.