Archive for the ‘ Geschlechterkampf ’ Category

Nachtgedanken

Wenn man sich auf eine Stelle bewirbt, dessen Profil man fast zu hundert Prozent erfüllt und trotz immernoch ausgeschriebener Stelle nicht mal zum Gespräch eingeladen wird vor der Absage, dann kann das viele Gründe haben. Mir fallen dazu auch einige ein. Zum Beispiel sieben Monate Elternzeit im Lebenslauf. Vielleicht wird da dann über die mangende Flexibilität von Müttern nachgedacht und man sieht von einer Einladung ab. Was mich ärgert, weil ich gerne zu dem Thema befragt worden wäre, anstatt dass jemand für mich entscheidet, dass ich die Anforderungen nicht erfüllen kann. Dummerweise ist es aber so, dass es viel schwieriger ist eine Absage zu erteilen, wenn man eine Frau erstmal zum Gespräch eingeladen hat. Dann muss man nämlich noch mit der Gleichstellungsbeauftragen diskutieren und Begründungen verfassen. Manchmal ist der Schutz, der uns Frauen zuteil wird, eher ein Hinderniss als eine Hilfe. Kann natürlich auch ganz andere Gründe für die Absage geben, aber man wüsste doch gerne, was man bei der nächsten Bewerbung anders machen soll.

Bewerben mit Kind

Wie ist das eigentlich, wenn man sich als Frau mit Kind irgendwo bewirbt. Erwähnt man da im Anschreiben, dass man zwar ein Kind hat, aber trotzdem super flexibel ist, weil das Kind perfekt rund um die Uhr betreut ist? Oder schreibt man nichts dazu, weil es für die Arbeit nicht relevant ist, eben weil das Kind perfekt betreut ist? Es gibt ja nun diese Europass-Lebensläufe, in denen Familienstand und Kinder nicht erwähnt werden. Trotzdem gibt man ja weiter unten an, dass man Elternzeit hatte. Oder lässt man das weg, wenn keine Lücke im Beschäftigungsverhältnis entstanden ist?
Ich bin ja eigentlich der Meinung, dass man im Anschreiben nicht explizit auf die Kinder eingehen muss. Wenn das dann aus dem Lebenslauf hervorgeht, können Sie einen dazu ja im Vorstellungsgespräch befragen. Im Anschreiben möchte man erklären, warum man den Job möchte und gut geeignet ist. Da schon Erklärungen zur Vereinbarkeit mit der Familie abzugeben finde ich unpassend, da sich dann der Schwerpunkt von „ich bin gut ausgebildet und geeignet“ nach „ich bin Mutter“ verschiebt. Ich denke das ist eher was, worauf man im Gespräch eingehen kann. Ich frage mich aber manchmal, ob die Personaler das vielleicht anders sehen. Vielleicht wird man gar nicht erst eingeladen, weil man ein Kind hat und deshalb, wegen Überstunden und Dienstreisen, vermutlich nicht geeignet ist für einen Job. Wäre es dann nicht besser gewesen, es doch im Anschreiben schon zu erklären? Eigentlich bin ich der Meinung, dass die Qualifikation das erste Kriterium für eine Einladung sein sollte. Schließlich kann eine Mutter genauso flexibel oder unflexibel sein, wie jeder andere auch. Es gibt immer Randbedingungen, die nicht im Anschreiben stehen. Dafür gibt es ja die Gespräche. Oder sehe ich das völlig falsch?

Ingeniösen und Ingenieure

Da hat sie ja was abgelassen unsere Familienministerin. Da erzählt die doch einfach mal dem Spiegel, dass Frauen ja selbst schuld seien, wenn sie weniger verdienen als Männer. Zwingt sie ja keiner sich für „Ponys und Schmetterlinge“ zu interessieren und dann Germanistik statt Elektrotechnik zu studieren. Mal ganz davon abgesehen, dass Frauen auch für gleiche Tätigkeiten weniger Geld bekommen als Männer, werden sie irgendwo doch gezwungen. Ich bin Mentorin in einem Mentoring-Programm für Mädchen mit Interessen in Naturwissenschaft und Technik. Das Ziel ist, die Mädchen auch bei diesen Interessen zu halten und sie dazu zu motivieren ein technisches Studium aufzunehmen. Warum manche Mädchen das nicht von sich aus tun, hat verschiedene Gründe. Zum einen fehlen den Mädchen die Rollenbilder, d.h. sie kennen keine weiblichen Ingenieure, Techniker und Informatiker. Dann gibt es auch immernoch erstaunlich viele Eltern, die meinen, dass es „reiche“, wenn ihre Mädchen Lehrerinnen werden oder zur BA gehen. Ein schwieriges technisches Studium soll es da dann lieber nicht sein. Lohnt sich ja eh nicht, wenn sie dann mit Kind zuhause bleibt. Ein weiterer Punkt ist, dass viele Mädchen in der Pubertät das Interesse an Naturwissenschaften verlieren. Das liegt daran, dass sie sich nun als Mädchen identifizieren und nicht mit den typisch männlichen Attributen (z.B. kann gut Mathe) in Verbindung bringen wollen. Kann man nun sagen es wäre vollständig ihre eigene Schuld, dass sie nichts technisches studieren?

Dann meint sie eine Frauenquote wäre eine „Kapitulation der Politik“. Achso, und sie ist nur deshalb Ministerin geworden, weil sie so besonders kompetent ist. Warum hatten wir eigentlich in den letzten 25 Jahren nur Familienministerinnen? Weil Frauen und Familie ja irgendwie passt. Klar, da sind wir wieder bei den Rollenbildern. Aber zurück zur Quote. Ganz im Ernst, werde ich mit gleicher Qualifikation lieber wegen einer Quote eingestellt, statt aufgrund einer möglichen Schwangerschaft nicht eingestellt zu werden. Aber da hat sie ja wieder eine Antwort, die Frau Schröder: Partnerschaft und Kinder spenden Glück. Da kennt sie sich ja auch aus. Schließlich hat sie -ähm- keine Kinder. Klar spenden Partnerschaft und Kinder Glück, aber vielleicht spenden auch ein anspruchsvoller Job und ein gut gefülltes (Renten-)Konto Glück. Vielleicht kommt sie ja dann als nächstes und meint Mädchen sollten nicht mehr Abitur machen. Die kriegen ja dann schließlich Kinder und werden glücklich. (Dass auch mal die Männer zuhause bleiben können, davon ist nicht die Rede.) Und als Putzhilfe kriegt man auch viel besser eine Teilzeitstelle als als Führungskraft. Und ganz in dem Sinne will sie sich künftig mehr um die Jungs kümmern, die ja neuerdings immer die Verlierer sind. Kann schon sein, dass die in den letzten Jahren zugunsten der Mädchen vernachlässigt wurden. Fakt ist Deutschland braucht Ingenieure (aber vor allem jemanden, der später mal unsere Rente bezahlt). Dazu gibt es zwei Ansätze. Entweder man bringt die guten Mädchen dazu, Ingeniösen zu werden oder man bringt die schlechten Jungs dazu Abi zu machen und dann Ingieure zu werden. Warum muss das ein entweder-oder sein? Kann man nicht beides machen? Wären dann mehr potentielle Rentenzahler…

Krabbelgespräche

Gestern haben wir uns also zur ersten Wissenschaftlerinnenkrabbelgruppe getroffen. Es waren nur zwei andere Mütter da. Ich muss noch rausfinden, was mit den anderen los war. Eine hat schon eine mail geschrieben, dass sie es nicht geschafft hat, wegen eines kranken Kindes. Ja, mit sowas muss man eben auch rechnen bei Müttern. Verspätungen wegen voller Windeln, nassem Kind, zu langem Mittagsschlaf oder ähnlichem sind da an der Tagesordnung. Aber auch zu dritt war es sehr interessant. Keine Fragen nach Schlafgewohnheiten, Essgewohnheiten, sondern danach, wie das Kind betreut ist, wer wie lange arbeitet, was die Doktorarbeiten machen. Ich wurde einerseits beneidet, dass unser Kleiner beim Papa ist, anderseits mit großen Augen angeschaut, weil ich Vollzeit arbeite. Da wurde ich dann gefragt ob ich dass „muss“. Irgendwie lustig. Ja ich „muss“ schon, wenn wir nicht jeden Cent dreimal umdrehen wollen, aber werden Männer auch gefragt, ob sie Vollzeit arbeiten „müssen“? Die Männer der anderen Mütter arbeiten nämlich auch Vollzeit.
Ein weiteres Thema war: „Was hat Dein Chef dazu gesagt, dass Du schwanger warst?“ Gerade in der Wissenschaft ist es oft schwierig wenn jemand ausfällt, da es Projekte gibt, die bearbeitet werden müssen und die Mitarbeiter direkt für die Projekte vorgesehen sind. Wenn dann jemand ausfällt, ist das schwer zu kompensieren und deshalb kann es sein, dass Chefs nicht gerade glücklich sind über Schwangerschaften ihrer Mitarbeiterinnen. Wie es aussieht, reagieren die meisten Chefs trotzdem gut. Die Ausnahme war mein damaliger direkter Vorgesetzter, der meinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern wollte. Zum Glück hatte der aber auch noch einen Vorgesetzten, der die Verlängerung dann durchgesetzt hat.
Während sich die meisten Frauen beim ersten Kind noch einen Kopf machen was der Chef sagt, ob der Zeitpunkt gut ist, ob der Einstieg in den Beruf wieder klappt, denken sie bei der Planung des zweiten Kindes schon „egoistischer“. Gestern meinte eine, dass sie hofft in eine höhere Position zu kommen und hofft dass die Vergabe der Posten passiert, ehe sie wieder schwanger ist. Aber danach richten wollte sie ihre Familienplanung nicht. Diese Einstellung habe ich schon bei einigen Frauen kennengelernt und vertrete sie selbst. Viele Arbeitgeber sehen sich selbst als die großen Gönner, die netterweise den Angestellten Arbeit bieten. Allerdings ist es oftmals genau andersrum. Qualifizierte Arbeitskräfte sind schwer zu finden und eigentlich kann der Arbeitgeber froh sein, wenn seine Angestellten die Arbeit für ihn (gerne) erledigen. Gerade im öffentlichen Dienst, wo Ingenieure im Vergleich schlecht bezahlt werden. Und der Ausfall eines Mitarbeiters für mehrere Monate muss zu kompensieren sein. Schließlich gibt es nicht nur Schwangerschaften, sondern es kann auch mal jemand ernsthaft krank werden. Man kann denn Erfolg einer Arbeitsgruppe/Firma nicht darauf aufbauen, dass alle Mitarbeiter immer verfügbar sind. Und wenn man dann Mitarbeiterinnen hat, die nach der Schwangerschaft wieder einsteigen wollen, muss man schon ein Idiot sein, wenn man dem Steine in den Weg legt.

Geschult

Ich habe mich dieses Wochenende weitergebildet. Ich bin nämlich Mentorin in einem Cybermentor-Programm für Mädchen, die sich für MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) interessieren. Dafür gab’s am Wochenende eine kostenlose Schulung. Meine Lust hinzufahren hielt sich Freitag abend zwar in Grenzen, es hat sich dann aber doch gelohnt. Erschreckend fand ich, als uns auf einer Folie eine Geschichte vorgestellt wurde:

Ein Vater und ein Sohn fahren gemeinsam mit ihrem Auto und haben einen schrecklichen Unfall. Der Vater ist sofort tot. Der Sohn wird in einem Krankenhaus sofort zum Operationssaal gebracht. Der Arzt untersucht den Jungen und meint, dass man für die Operation eine Koryphäe benötige.

Die Koryphäe kommt, schaut den jungen Mann auf dem Operationstisch an und meint: „Ich kann ihn nicht operieren, er ist mein Sohn.“

Erschreckend daran ist, ist dass auch nach längerem Überlegen wohl nur 30 % der Leute drauf kommen, wie das möglich ist. Und selbst ich (und auch die anderen Schulungsteilnehmerinnen) reagierten beim ersten Durchlesen erst mal mit „Hä?“. Das „Achso, klar.“ kam zwar relativ schnell, aber hätte es bei uns Frauen in männerdominierten Berufen nicht sofort klar sein müssen?

Die Kursleiterin beruhigte uns aber und meinte, dass selbst gestandene Wissenschaftler, die sich seit Jahren mit Genderforschung beschäftigen, bei solchen Tests immer wieder auf die Stereotypen hereinfallen.

Auch sonst gab’s einiges zu erfahren über Jungs und Mädels, Schulpädagogik und Internetsprache. Schließlich hängen nicht alle so viel im Netz rum wie ich. So hatten auch einige andere wirklich Probleme dabei, Fragen zu irgendwelchen gängigen Abkürzungen und Emitocons zu beantworten. Was das ganze bringt, weiß ich nicht. Es soll dazu beitragen, dass die Mädchen nicht das Interesse an den MINT-Fächern verlieren. Von vornherein sind Mädchen nämlich nicht weniger technikinteressiert als Jungs. Irgendwann in der Pubertät hören sie dann auf sich dafür zu interessieren. Ob da so ein Mentoring-Programm tatsächlich hilft, weiß ich nicht. Ich denke da melden sich sowieso nur die Mädels an, die ohnehin ein Studium in der Richtung begonnen hätten. Außerdem sollten wir auch einen Fragebogen ausfüllen, wie das denn bei uns damals war. Erstaunlicherweise haben sich fast alle der Schulungsteilnehmerinnen in ihrer Freizeit wenig mit MINT-Themen beschäftigt und hinterher doch ein technisches Studium begonnen. Ich glaube ich hätte mich nicht mal für so ein Mentoring-Programm angemeldet. Ich kann nämlich nicht behaupten, dass ich mich mehr für solche Fächer interessiert habe. Die sind mir nur einfach leichter gefallen.

Naja, ich bin gespannt was dabei rauskommt.

Sprallo-Alarm

Bei uns hat der Fachausschuß getagt. Wie das bei den Ingenieuren so üblich ist waren nur Männer anwesend. Normalerweise fällt mir das nicht mal mehr auf, nachdem ich schon ein männerdominiertes Fach studiert habe und es in Fachgesprächen nichts unwichtigeres gibt. Gestern allerdings schaffte es einer der anwesenden mich darauf aufmerksam zu machen:
Unsere Hiwine war gerade auf dem Weg von unserem Gebäude ins Hauptgebäude, wo die Sitzung stattfinden sollte. Vor dem Gebäude traf sie einen verlorenen Ingenieur, der sich freundlich erkundigte, wo er hin müsste. Unsere Hiwine, nett wie immer, stellte sich als zuständig vor und bot ihm an ihn zu den anderen zu führen. Da wollte der nette junge Mann der netten Jungen Dame mal eben ein nettes Kompliment machen. Was dabei herauskam war folgendes: „Normalerweise arbeiten auf diesem Fachgebiet nur hässliche Frauen. Eben war ich erst in M. und auch da gab’s nur hässliche.“ Noch nie wurde soviel Verachtung für Frauen in den Ingenieurwissenschaften in ein Kompliment verpackt. Unsere Hiwine, zwar fassungslos aber weiterhin ganz freundlich, verkniff sich eine Antwort über sein Aussehen (Na, du siehst ja auch nicht grade aus wie Brad Pitt! wäre meine Wahl gewesen) und berichtet ihm stattdessen von unserem hohen Frauenanteil und unserem fabelhaften Aussehen. Zum Dank für das Geleit und vielleicht auch um gleich mal die Hierarchiefrage zu klären, duzte er sie dann ganz frech, während sie ihn weiter siezte. Was ein Sprallo. Aber wer hätte’s gedacht, ein pinkes Hemd hatte er an. Fand sich unglaublich toll. Bei mir war er leider untendurch. Den kann ich nicht mehr Ernst nehmen. An meinem Poster wollte er mir noch ein paar wisschenschaftliche Tipps geben, aber alles was ich mir wirklich zu Herzen genommen habe war, dass ich nicht alles glauben soll, was mir jemand erzählt. Da habe ich gleich mal bei ihm angefangen 🙂

Aber er war nicht der einzige Sprallo der Sitzung obwohl der zweite es nun wirklich nicht mit ihm aufnehmen konnte. Der war nämlich nur ein älterer Herr, der sich selbst so toll fand, dass er als einziger nicht mit Hemd und Krawatte dasaß. Wenn er etwas gesagt hat, was oft der Fall war, hat er die Arme vor der Brust verschränkt, und selbstgefällig in die Runde geschaut, immer mit dem Ansatz eines Grinsens auf dem Gesicht. Genauso einer wie mein Lieblingsidiot aus dem Chor.

Glücklicherweise waren alle anderen Anwesenden wirklich nett. Das macht Hoffnung.